Rund 350'000 Muslime leben in der Schweiz. Die grösste muslimische Gemeinschaft bilden dabei die Albaner. Aufgrund vereinzelter Vorfälle hat das öffentliche Bild der Muslime zuletzt ziemlich gelitten. Obschon dieses Bild überhaupt nicht repräsentativ für die Mehrheit der Muslime hierzulande ist. Viele Muslime werden dadurch stigmatisiert.
Nun distanziert sich die albanische islamische Gemeinschaft mittels einer Charta öffentlich von Extremismus und Gewalt. Sie bekennt sich offiziell zur Trennung von Religion und Staat. Die Schweizer Gesetzgebung steht über allen religiösen Regeln. Es ist ein klares Bekenntnis zum Schweizer Rechtsstaat.
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Den Muslimen in der Schweiz begegne man vermehrt mit Misstrauen. «Man vermischt Terrorismus und Islam», sagt Naim Malaj, Initiant der Charta und ehemaliger Botschafter Kosovos. Unter diesem Misstrauen leiden Malaj zufolge viele der albanischen Muslime. Obschon die albanischen Muslime in der Schweiz eigentlich seit Jahren gut integriert seien, friedlich und interreligiös zusammenleben, hier Steuern zahlen und auch ihre Kinder grossziehen.
Das öffentliche Bild der Schweizer Muslime hat zuletzt medial tatsächlich arg gelitten.
Da waren beispielsweise die Vorfälle in der An-Nur-Moschee in Winterthur, als zum Jihad aufgerufen wurde. Der verweigerte Handschlag zweier muslimischer Schüler mit der Lehrerin, der landesweit zum Skandal aufgebauscht wurde. Das Weigern muslimischer Schülerinnen, sich am obligatorischen Schwimmunterricht zu beteiligen. Dann wäre da noch der stetige mediale Fokus auf die polarisierenden Burkaträgerinnen, obschon fast niemand je eine live gesehen hat. Der den Zeitungen aber Klicks garantiert. Oder die umstrittene Schweizer Konvertitin Nora Illi, die öffentlich und voll verschleiert im TV auftritt und dabei die Rolle des Sprachrohres muslimischer Frauen mimt. Sowie diverse Vorfälle rund um den Islamischen Zentralrat (IZRS) und zwielichtiger saudischer Geldgeber an muslimische Vereine in der Schweiz.
Obwohl es sich hierbei nur um vereinzelte Gruppierungen resp. Personen handelt, die für die Mehrheit der Muslime nicht repräsentativ sind, bestimmen sie das Bild der Schweizer Muslime. Dieser medialen Stigmatisierung möchte die albanische Gemeinschaft nun mit einer öffentlichen Erklärung entgegentreten.
Als Vorsitzende der beiden grössten albanisch-muslimischen Dachverbände unterzeichneten der Berner Imam Mustafa Memeti (Albanisch Islamischer Verband Schweiz) und Nehat Ismaili (Präsident der Union der Albanischen Imame in der Schweiz) eine offizielle Erklärung, in der sich die islamische Gemeinde unmissverständlich zum Schweizer Rechtsstaat bekennt. Jedes Mitglied ist zur Einhaltung dieser Charta verpflichtet. Und: Die Charta soll in sämtlichen Moscheen der albanischen Gemeinschaft verlesen werden.
In der Charta heisst es unter anderem, dass religiös motivierte Gewaltaufrufe keinesfalls geduldet werden. Jedes einzelne Mitglied der islamischen Gemeinschaft müsse sich davon distanzieren und gegebenenfalls die Schweizer Behörden informieren, falls ein solches Verhalten registriert werde. Zudem verpflichten sich alle unterzeichnenden muslimischen Organisationen «zu vollständiger Transparenz in finanziellen Belangen». Was zuletzt aufgrund dubioser saudischer Geldgeber an einige muslimische Vereine öffentlich stark kritisiert wurde.
Verankert ist in der Charta auch der Respekt gegenüber Frauen. Die Gemeinschaft bekennt sich zur Gleichberechtigung zwischen Frau und Mann gemäss der Bundesverfassung. Falls eine Frau einen Schleier tragen wolle, sei sie frei, dies zu tun, so Malaj. Auf keinen Fall dürfe der Schleier aber der Frau von religiösen Verantwortlichen aufgezwungen werden.
Bei der feierlichen Charta-Unterzeichnung im Haus der Religionen waren auch der albanische, der kosovarische und der mazedonische Botschafter zugegen. Die offizielle Schweiz wurde von André Duvillard, dem Delegierten des Sicherheitsverbundes Schweiz (SVS), vertreten.
«Niemand hat uns gezwungen, diese Charta zu unterzeichnen», erklärt der Berner Imam Memeti. In der Bevölkerung sei aber zunehmend eine Stigmatisierung der Muslime zu beobachten. «Wir müssen oft erklären, was in unseren Moscheen vor sich geht.» Daher auch die Motivation zur Charta.
Einerseits tragisch, dass eine solche Erklärung aufgrund der vielen Vorurteile überhaupt nötig ist. Andererseits ein wahrhaft starkes Zeichen der islamischen Gemeinschaft, keine radikalen Strömungen in ihren Reihen zu dulden.
Das schreiben andere:
- Albanische Muslime bekennen sich zum Rechtsstaat
(Katholisches Medienzentrum)
- Albanische Muslime unterzeichnen Charta
(Tagblatt)
- Die albanischen Muslime bekennen sich zum Rechtsstaat
(NZZ am Sonntag)
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Autor: Schweiz - Redaktion