Volk soll bei Waffenexporten mitreden: «Entmachtung des Bundesrates!»

Die Rüstungslobby hat im Bundesrat neuerdings die absolute Mehrheit. Auf Druck eben dieser Lobby lockert Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann die Richtlinien für Schweizer Waffenexporte (Kriegsmaterialverordnung), um neu auch Waffenexporte in Bürgerkriegsländer zu erlauben. Denn wohin die Schweiz ihre Waffen liefert, bestimmt der Bundesrat im Alleingang.

Das Parlament und das Volk haben nichts zu melden. Nun aber fordert BDP-Präsident Martin Landolt eine Entmachtung des Bundesrates.

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Waffenexporte Schweiz Armee

 




Mächtige Rüstungslobby im Bundesrat


«Innerhalb weniger Wochen sind 12‘000 Unterschriften gegen Waffenexporte in Bürgerkriegsländer zusammengekommen. Doch weder Volk noch Parlament haben Mitspracherechte. In einer direkten Demokratie ist das falsch», kritisiert Martin Landolt (BDP).
 

Allein im Jahr 2017 exportierte die Schweiz Kriegsmaterial im Wert von knapp einer halben Milliarde Franken in 64 Länder dieser Welt (darunter kriegführende Länder und radikale Scharia-Staaten). Zu wenig, findet die Rüstungsindustrie und jammert PR-technisch geschickt kolportiert, dass die Prognosen für die heimische Waffenindustrie düster aussehen, sollten Schweizer Rüstungshersteller ihr Kriegsmaterial nicht auch noch in Bürgerkriegsländer exportieren dürfen.

Die neutrale Schweiz müsse ihr Kriegsmaterial unbedingt auch in Länder mit internen bewaffneten Konflikte liefern dürfen, findet die Rüstungsindustrie und stirilisiert diesen höchst umstrittenen Punkt zur branchen-existenziellen Frage hoch. In der Landesregierung stossen die Forderungen der Rüstungsindustrie denn auch auf offene Ohren. Schliesslich verfügt die Rüstungslobby mit den vier waffenfreundlichen Bundesräten Johann Schneider-Ammann (FDP), Ueli Maurer (SVP), Guy Parmelin (SVP) und neu Ignazio Cassis (FDP) über die absolute Mehrheit im Bundesrat. Sie kann seit Burkhalters Rücktritt Bundesratsbeschlüsse im Alleingang durchboxen. Cassis Vorgänger Alt-Bundesrat Burkhalter gab eben jüngst die Waffenlieferungen an umstrittene Staaten als Hauptgrund für seinen Rücktritt aus der Landesregierung an.



Die Schweiz beliefert
64 Länder mit Kriegsmaterial

Das sind 33% aller weltweiten Länder,
darunter mind. 4 kriegführende Länder
und auch radikale Scharia-Staaten ...
 

 

«Volk soll entscheiden!»

An welche Staaten die Schweiz Kriegsmaterial liefert, entscheidet allein der Gesamtbundesrat resp. die Verwaltungen von Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) und Aussendepartement (EDA). Bei einer absoluten Mehrheit in der Landesregierung ein leichtes Spiel für die einflussreiche Rüstungslobby. Nun droht ihr aber unverhofft doch noch Widerstand. Die BDP-Fraktion plant nämlich nächste Woche gemäss «Blick», einen Vorstoss einzureichen, der ein Mitspracherecht von Parlament und Volk einfordert. Waffenexport-Entscheide sollen nicht mehr von der Verwaltung (oder bei Uneinigkeit vom Gesamtbundesrat) gefällt werden, «sondern von jenen, die die Verantwortung tragen: den Stimmbürgern und ihren Vertretern in Parlament».


Neu sollen die Richtlinien für Waffenexporte vom Parlament festgelegt werden. Und das Volk soll das Referendum ergreifen können.
 

Statt in der Kriegsmaterialverordnung sollen Schweizer Waffenexporte neu im Kriegsmaterialgesetz geregelt werden.

Preis pro Kg Schweizer Kriegsmaterial
Grafik: GSoA-Zitig Juni 2017 Nr. 170. Quelle: GSoA.



Ein Kilo Schweizer Kriegsmaterial
kostet 76 Franken

Zum Vergleich:
1 kg Chesterfield-Tabak
kostet heute 200 Franken
 

BDP-Präsident Martin Landolt ist überzeugt, das Schweizer Volk würde insbesondere die umstrittenen Waffenexporte in die kriegführenden Länder Saudi-Arabien (im Jemen) und Türkei (in Syrien) ablehnen. Beispiele in der Vergangenheit deckten schonungslos auf, dass die Schweiz keine Kontrolle darüber hat, bei wem ihre Waffen letzten Endes landen. Schweizer Handgranaten in Syrien bei IS-Attentäter, Mowag-Panzer bei Boko Haram etc. sprechen Bände. Auch Carla del Ponte erklärte gegenüber der «Schweizer Illustrierten», niemand könne garantieren, dass «die Türkei bei ihrem Einmarsch in Nordsyrien die Schweizer Kriegsgüter zu Hause lässt», wie der «Blick» schreibt.

Als der rüstungsfreundliche Bundesrat ankündigte, dass man in der Frage zu Waffenexporten in Bürgerkriegsländer der Rüstungslobby entgegenkomme wolle, fragte GLP-Nationalrätin Kathrin Bertschy, ob der Bundesrat dazu das Parlament anhören werde. «Sie wurde rüde abgefertigt: Waffenexporte fielen in die Zuständigkeit der Regierung, hiess es lapidar von Schneider-Ammann», schildert der «Blick».

Höchste Zeit also, dass die direkt-demokratische Bevölkerung (der Souverän) der neutralen Schweiz über Waffenexporte mitbestimmen kann.





Waffenexporte an Nazi-Deutschland:
Die Schweiz lieferte 84% aller
Ausfuhren ans Dritte Reich

Waffenexporte und Neutralität beissen sich.
Insbesondere Lieferungen von Kriegsmaterial
an kriegführende Länder. Die Neutralitätspolitik,
auf die sich die Schweiz seit jeher beruft, verkommt
genauer betrachtet zum reinen Businessmodell.
 

Weiterführende Informationen:
BDP-Chef will den Bundesrat entmachten (Blick)

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(Last updated: 22.05.2018, 14:39)