Die Schweizer Rüstungsindustrie fordert neu auch Waffenexporte in Bürgerkriegs-Länder wie den Jemen

Rüstungskonzerne aus der neutralen Schweiz wollen ihre Waffen neu auch explizit in Länder exportieren, in denen Bürgerkrieg herrscht.

Heute sind Schweizer Waffenexporte in Bürgerkriegsländer per Kriegsmaterialverordnung prinzipiell verboten. Diese hatte der Bundesrat ursprünglich erlassen, als 2008 eine Abstimmung zum generellen Verbot von Waffenexporten drohte, um so den Urnengang im Sinne der Rüstungslobby zu gewinnen. Der Plan ging auf. Nun soll diese Verordnung aber erneut gelockert werden. Die Rüstungslobby übt in Bern immensen Druck auf den Bundesrat aus.

Rüstungsindustrie will Waffenexporte in Bürgerkriegsländer

 


In einem dringlichen Brief-Appell an die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerats (SiK-S) fordern «namhafte Firmen, die in der Rüstungsindustrie tätig sind und auch die Schweizer Armee beliefern» eine Aufweichung der Waffenexportbestimmungen für alle Länder mit «internem bewaffneten Konflikt». Heisst konkret: Länder, in denen Bürgerkrieg herrscht.

Im Visier sollen die Rüstungsunternehmen gemäss «Blick» insbesondere den Jemen haben, in dem seit Jahren ein blutiger Krieg tobt und die Diktatur Saudiarabien federführende Kriegspartei ist - und gleichzeitig ein lukrativer, enger Partner der Schweiz in Sachen Waffengeschäfte.

Die Namen der Rüstungsunternehmen will SIK-Kommissionspräsident Isidor Baumann (CVP) auf Anfrage nicht nennen, wie der «Blick» berichtet. Folge leistend hat die Kommission hingegen besagte Vertreter der Rüstungskonzerne eigens für eine Anhörung vor die Ständeratskommission eingeladen. Laut «Tages-Anzeiger» sind es total 13 Rüstungsfirmen oder Zulieferbetriebe für die Rüstungsindustrie. Darunter unter anderem die bundeseigene Ruag, Mowag, Rheinmetall, Thales und Systems Assembling SA und acht weitere Konzerne.



Die Kriegsgeschäfte-Initiative
schlägt ein wie eine Bombe!

«Kein Schweizer Geld für die Kriege
dieser Welt! #Kriegsgeschäfte»
 

Vordergründig drückt die Rüstungslobby auf die wirtschaftliche Tränendrüse: «Die ganze Existenz der Schweizer Wehrtechnikindustrie sei akut gefährdet. Tausende Arbeitsplätze stünden auf dem Spiel.» Auch kaufe die Schweizer Armee weniger Ausrüstung ein. Leider unwahr. Das Armeebudget beträgt mittlerweile satte 5 Milliarden Franken pro Jahr. Wofür jeder Arbeitnehmer in der Schweiz durchschnittlich 934,39 Franken pro Jahr ausgibt. Mehr als doppelt so viel wie für die Billag.

Unter dem Druck der Rüstungslobby und des Parlaments hat der Bundesrat bereits 2014 das Exportverbot in Länder wie Saudiarabien aufgeweicht, welche die Menschenrechte «systematisch und schwerwiegend» verletzen. Wenn «ein geringes Risiko» bestehe, dass das Kriegsmaterial «zur Begehung von schwerwiegenden Menschrechtsverletzungen eingesetzt» werde, können Waffenexporte bewiligt werden. Ein schwammiger Begriff und je nach Interessen auslegbar. Nun also geht die Rüstungsindustrie sogar noch einen Schritt weiter und fordert einen Freibrief für Exporte von Kriegsmaterial in Bürgerkriegsländer.



Ein Kilo Schweizer Kriegsmaterial
kostet 76 Franken

Zum Vergleich:
1 kg Chesterfield-Tabak
kostet heute 200 Franken
 

Sofern die der Rüstungslobby oft wohlgesinnte Sicherheitskommission des Ständerates unter Federführung der CVP, der Rüstungslobbypartei schlechthin, dem Anliegen zustimmt, kann die SIK mittels Motion erneut Druck auf den Bundesrat aufbauen. Das entscheidende Zünglein an der Waage dürfte dann der neugewählte Vorzeige-Opportunist Bundesrat Ignazio Cassis (FDP) spielen. Die beiden SP-Bundesräte sowie der abgetretene FDP-Bundesrat Didier Burkhalter sprachen sich in der Vergangenheit gegen Exporte in heikle Länder aus. CVP-Bundesrätin Doris Leuthard kam daher oft die Rolle des Stichentscheides zu. Nun scheint sich die Mehrheit im Gesamtbundesrat gänzlich im Sinne der Rüstungsindustrie zu drehen. Ignazio Cassis gilt als äusserst rüstungsfreundlich.

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(Last updated: 17.01.2018, 20:16)