Das Mittelmeer kocht: Bald könnten ganze Schweizer Alpentäler aufgegeben werden mangels langfristiger Bewohnbarkeit


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Schwitzen, ächzen, leiden - der Sommer 2024 dreht nochmal richtig auf! Wetterexperte Jörg Kachelmann prognostiziert Tropennächte und Rekordtemperaturen und sagt, welche Schweizer Alpentäler im Tessin und Südbünden mangels Bewohnbarkeit langfristig aufgegeben werden könnten.

Die Schweiz im Hitzefieber: Kachelmann kündigt eine Hitzewelle an, die uns allen den Schweiss auf die Stirn treiben wird. Doch ist das nur die Spitze des Eisbergs - oder besser gesagt, des schmelzenden Gletschers. Das Mittelmeer verwandelt sich gerade in eine Suppe, die uns noch lange beschäftigen wird. Kachelmann warnt: «Falls das Worst-Case-Szenario eintritt (das Wasser bleibt warm, lange Südstaulage), wird die Diskussion über die langfristige Bewohnbarkeit wilder Südtäler schon in diesem Jahr losgehen.» Das ist leider keine Übertreibung. Erst kürzlich am 30. Juni 2024 bugsierten heftige Unwetter und Murgänge das Maggiatal im Tessin in den Ausnahmezustand. Starke Regenfälle führten zu massiven Erdrutschen und Überflutungen, die mehrere Schweizer Täler unzugänglich machten und von der Aussenwelt abschnitten. Fünf Personen kamen wegen der Unwetter im Maggiatal ums Leben. Was uns droht – kurz & knackig zusammengefasst ...

Inhalte:

 

 

Hitzewelle im Anmarsch:
Temperaturen klettern in tropische Höhen



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Die Temperaturen schiessen in die Höhe wie ein Thermometer in der Sauna. Basel und Genf erwarten an diesem Wochenende Spitzenwerte von bis zu 35°C am Montag. Zürich und Bern dürfen sich auf "kühle" 33-34°C freuen. Die Nullgradgrenze klettert auf satte 4700 Meter - selbst eingefleischte Bergsteiger werden ins Schwitzen kommen.

Aber das ist noch nicht alles: Die Nächte verwandeln sich in tropische Schwitzkammern. Von Sonntag bis Dienstag drohen vielerorts Tropennächte mit Tiefstwerten über 20°C. Schlafen? Vergessen Sie's! Man darf sich aber langsam daran gewöhnen, denn laut Umweltbundesamt haben Tropennächte in den letzten Jahrzehnten deutlich zugenommen. In Deutschland hat sich die Anzahl Hitzetage seit 1951 mehr als verdreifacht.

 

  • Heissester Sommer seit 2000 Jahren
    Hitzewelle der Superlative!


    Der letzte Sommer hat die Welt buchstäblich zum Schwitzen gebracht. Doch was viele als lästige Hitzewelle abtun, entpuppt sich als düsterer Meilenstein in der Klimageschichte. Eine bahnbrechende Studie deutscher Wissenschaftler enthüllt jetzt die schockierende Wahrheit: Wir haben gerade den heissesten Sommer seit zwei Jahrtausenden erlebt! ...

 

 

Klimawandel:
Nicht nur heiss, sondern auch nass!



Kachelmann betont: Der Klimawandel bedeutet nicht nur Hitze, sondern auch mehr Regen. Eine wärmere Welt ist eine nassere Welt - das klingt paradox, ist aber physikalische Realität. Studien bestätigen, dass extreme Niederschlagsereignisse in Europa zunehmen. Klimatologen gehen davon aus, dass die Regenmengen mit der globalen Erwärmung ansteigen – vor allem in Bezug auf Starkniederschlagereignisse (sintflutartigen Regenfälle). Eine Untersuchung ergab, dass die Wahrscheinlichkeit für Starkregen in Mitteleuropa deutlich gestiegen ist.

Allein in Bayern gab es zwischen 2002 und 2021 knapp 6800 Starkregenereignisse (1 bis 9 Stunden Starkregen). Bundesweiter Rekord [Quelle: RedaktionsNetzwerk Deutschland]. Zum Vergleich: Hamburg zählte im selben Zeitraum nur 59 Starkregenereignisse. Der Klimawandel sorgt zweifellos für mehr Starkregen. Kachelmann warnt: Besonders die Täler im Tessin und in Südbünden könnten in Zukunft vor existenziellen Herausforderungen stehen. Werden wir bald ganze Regionen aufgeben müssen? Eine erschreckende Vorstellung!

 

 

Muss die Schweiz Alpentäler aufgeben?
Brutal, aber man sollte das Szenario nicht verschweigen



Der Klimapolitologe Reinhard Steurer von der Universität für Bodenkultur in Wien sorgte kürzlich für Aufsehen, als er prognostizierte, dass man gewisse exponierte Alpentäler in den nächsten Jahrzehnten teilweise aufgeben müsse. «Die Infrastruktur wird dort öfter zerstört werden, als man sie wieder aufbauen kann.» [Quelle: Neue Zürcher Zeitung - NZZ]

Steurer alarmiert, dass die Alpenländer «noch keine Vorstellung» davon hätten, was auf sie zukomme. «Wenn wir gegen Ende des Jahrhunderts 3 Grad Erhitzung haben statt 1,5, dann verdoppeln sich die Extremereignisse nicht einfach, sondern sie nehmen exponentiell zu

Nun kommt das Tabuthema auch in der Schweiz erneut auf den Tisch. «Wir werden wohl nicht darum herumkommen, einzelne Siedlungen aufzugeben», mahnt Lukas Rühli, Forschungsleiter Smart Government beim eher für rechtsgerichtete Positionen bekannten Think-Tank Avenir Suisse. «Für die Betroffenen ist das natürlich brutal, doch man wird ihnen auch nicht gerecht, wenn man das Thema ganz verschweigt.» Denn «wenn es aufgrund der drohenden Schäden durch den Klimawandel noch teurer wird, diese Orte am Leben zu erhalten, dann kann man das volkswirtschaftlich irgendwann nicht mehr rechtfertigen.»

«Solange die Klimaerwärmung anhält, solange werden die Evakuierungen zunehmen», stellt auch ETH-Professor David Bresch fest, seines Zeichens Professor für Wetter- und Klimarisiken an der ETH Zürich [Quelle: Watson]. Auch die Schäden würden zunehmen.

 

 

Das Mittelmeer kocht:
Eine tickende Zeitbombe?



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Doch das wahre Damoklesschwert schwebt über dem Mittelmeer. Die Wassertemperaturen liegen derzeit 1-3°C über dem Normalwert. Das klingt nach wenig, ist aber in Wahrheit eine tickende Zeitbombe! Aktuelle Satellitendaten der NASA zeigen die dramatische Erwärmung des Mittelmeers. In einigen Regionen wurden Rekordtemperaturen von über 30°C gemessen [Quelle: ‘The Mediterranean is on fire’: Experts sound warnings about why marine heatwaves are so dangerous]. Die Lage ist ernst und überrascht selbst langjährige Koryphäen der Klimawissenschaften. Die Weltmeere sind so heiss wie noch nie: seit 365 Tagen täglich ein neuer Wärmerekord – und zwar durchgehend ohne Unterbruch.

Kachelmann prognostiziert: Wenn im Herbst die Föhnzeit beginnt, könnte diese Überhitzung katastrophale Folgen haben. Lange Südströmungen in Kombination mit dem warmen Mittelmeer könnten zu extremen Niederschlägen führen.

Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, wie gefährlich solche Konstellationen sein können. Im Oktober 2000 führte eine ähnliche Wetterlage zu verheerenden Überschwemmungen im Aostatal und im Wallis. Das heftige Unwetter verursachte direkte Schäden von 670 Millionen Franken. «Aussergewöhnlich hoch für ein Hochwasserereignis» war aber «die Anzahl Todesopfer. Während dem Ereignis kamen im Wallis 16 Menschen ums Leben» [Quelle: Bundesamt für Wasser und Geologie]. Der Wasserstand des Lago Maggiore stieg in nur fünf Tagen um nahezu vier Meter an. «Das ist sehr rasch für den Lago Maggiore, aber eine sehr viel kürzere Zeitdimension gilt für die spontan auftretenden Murgänge (z. B. Neubrück), bzw. für die Rutschung mit anschliessender Hangmure in Gondo, welche Häuser in Minutenschnelle zerstörten.» Beim weitaus schwersten Ereignis in Gondo «löste sich oberhalb der Ortschaft eine Rutschmasse» und brach. «Das in der Folge herabstürzende Gemisch aus Wasser, Erde, Geröll und Teilen des Schutzwalles zerstörte zehn Gebäude, also etwa einen Drittel des Dorfes. Hier waren 13 Todesopfer zu beklagen.»

 

 

Ein Sommer der Extreme
Hoffnung auf stürmische Zeiten



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Der Meteorologe setzt seine Hoffnung auf Stürme. Ein paar kräftige Winde ohne Südströmung könnten das Mittelmeer durchmischen und die Wassertemperaturen auf ein erträglicheres Niveau bringen.


  Jörg Kachelmann schlägt Alarm: 

Sollte das nicht passieren und wir tatsächlich eine lange Südstaulage im Herbst erleben, könnte die Diskussion über die langfristige Bewohnbarkeit einiger Alpentäler schon in diesem Jahr beginnen.


2023 war der heisseste Sommer seit 2000 Jahren. Der Sommer 2024 wird trotz aller Schwankungen vielerorts wärmer ausfallen als der Durchschnitt der letzten 30 Jahre. Er zeigt eindrücklich, dass der Klimawandel nicht einfach nur "mehr Hitze" bedeutet, sondern ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Faktoren ist.

Eine Studie der ETH Zürich bestätigt, dass die Sommerhitze in Europa bis 2050 im Durchschnitt um 1,4°C ansteigen könnte, mit regionalen Spitzenwerten von bis zu 6°C. Die Studie betont, dass die Häufigkeit und Intensität von Hitzewellen zunehmen wird, was zu erheblichen Gesundheitsrisiken und einer höheren Sterblichkeitsrate führen kann. Besonders betroffen sind Regionen wie Südeuropa, wo die Temperaturen schneller steigen als im globalen Durchschnitt, und die demografische Struktur die Bevölkerung besonders anfällig macht [Quelle: ETH Zürich und Phys.org].

Während wir also in den nächsten Tagen schwitzen und nach Abkühlung lechzen, sollten wir nicht vergessen: Dies ist nur ein Vorgeschmack auf das, was uns in Zukunft erwarten könnte.

Es ist höchste Zeit, den Klimawandel ernst zu nehmen und entschlossen zu handeln. Sonst könnte der nächste "kühle" Sommer schon bald wie eine ferne Erinnerung erscheinen.

Bleiben Sie cool - wenn Sie können!

 



Autor: INFO Schweiz - Redaktion

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(Last updated: 08.08.2024, 15:56)