Seit 365 Tagen täglich ein neuer Wärmerekord – und zwar durchgehend ohne Unterbruch: Die Weltmeere sind so heiss wie noch nie!


Die Weltmeere, einst stille Zeugen der Erdgeschichte, schlagen Alarm! Denn es purzeln seit 365 Tagen aussergewöhnliche Wärmerekorde: An jedem Tag ist die Temperatur höher als am selben Tag ein Jahr zuvor – und das ununterbrochen bereits seit über einem Jahr. Mit täglich neuen Höchstständen, insbesondere im Nordatlantik, erleben wir ein Phänomen, das in den letzten vier Jahrzehnten beispiellos ist. Experten der University of Maine's Climate Reanalyzer-Plattform sowie Daten der amerikanischen Klimabehörde Noaa legen nahe, dass diese Anomalien weit über natürliche Schwankungen hinausgehen. Der menschengemachte Klimawandel, verstärkt durch Ereignisse wie El Niño, treibt die Ozeantemperaturen in bisher ungekannte Höhen – mit Folgen.

Die Erde steht unter Druck. Experten sprechen von «aussergewöhnlichen» Temperaturrekorden. In den letzten zwölf Monaten haben die Weltmeere täglich neue Tageshöchststände erreicht, die nicht nur historische Rekorde gebrochen, sondern auch die Alarmglocken der Klimaforschung lauter denn je klingen lassen. Diese Entwicklung ist besonders im Nordatlantik auffällig, dessen mittlere Oberflächentemperatur an jedem Tag des letzten Jahres den höchsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen vor rund vier Jahrzehnten erreichte, oft sogar mit signifikantem Abstand zum bisherigen Rekord. Am 7. März 2023 startete die durchgehende Kurve der Tagesrekordtemperaturen des Nordatlantiks. Bei den Weltmeeren insgesamt begann sie am 14. März 2023. Eine Trendwende ist nicht in Sicht. Mit 21,1 Grad wurde im Februar 2024 zudem die höchste globale Ozeantemperatur aller Zeiten registriert.

«Wenn man sich anguckt, wie die Temperaturentwicklung in den Ozeanen der anderen 40 Jahre war, kann man sehen, dass die derzeitige Erwärmung wirklich weit ausserhalb der natürlichen Schwankungen liegt. Sie ist auch ausserhalb dessen, was wir in den letzten Jahren und Jahrzehnten an Erwärmung beobachtet haben», warnt Anders Levermann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). «Also diese Anomalie, die wir jetzt global sehen, und die wir vor allen Dingen auch im Nordatlantik sehen, da habe ich noch keine Idee, wie wir die wirklich erklären können. Das ist in der Tat aussergewöhnlich.» Das natürliche Klimaphänomen El Niño soll die Erwärmung verstärken. Aber «die Hauptursache dafür, dass die Ozeane so warm sind, ist natürlich der Mensch. Das darf man nicht vergessen», so Mojib Latif vom Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel.

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Planet Erde Klimawandel Schmelzend Meere

 

 

Der menschliche Fingerabdruck
Treibhausgase & Erderwärmung bedrohen das Klimasystem



An den Temperaturen der Weltmeere lässt sich die globale Erwärmung gut erkennen. Der langfristige Trend ist unbestritten. Die Ozeane werden immer wärmer.

Die Bedeutung der Weltmeere im Kontext des Klimawandels kann kaum überschätzt werden. Als gigantische Wärmespeicher spielen sie eine zentrale Rolle im globalen Klimasystem. Wissenschaftliche Untersuchungen, darunter solche des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, unterstreichen den signifikanten Einfluss menschlicher Aktivitäten auf die Erwärmung der Ozeane. Durch die Emission von Treibhausgasen, insbesondere CO2, Methan und Lachgas, aus Industrie, Verkehr und Landwirtschaft hat der Mensch eine Erwärmungsdynamik in Gang gesetzt, die die physikalischen und chemischen Prozesse der Meere verändert.

 

Die Rolle der Ozeane im Klimasystem


Die Ozeane absorbieren mehr als 90% der zusätzlichen Wärme, die durch den Anstieg der Treibhausgase in der Atmosphäre entsteht. Diese Fähigkeit, als Wärmepuffer zu fungieren, ist jedoch begrenzt. Mit zunehmender Erwärmung verringert sich die Effizienz der Ozeane, CO2 aufzunehmen, was den Treibhauseffekt weiter verstärkt. Die Erwärmung der Ozeane hat nicht nur direkte Auswirkungen auf ihre Temperatur, sondern führt auch zu einer Destabilisierung mariner Ökosysteme, einer Zunahme der Meeresspiegelhöhe durch thermische Ausdehnung und dem Abschmelzen von Polkappen und Gletschern.

 

Den Ozeanen geht die Luft aus


Die Versauerung der Ozeane ist eine weitere direkte Folge der Aufnahme von CO2 aus der Atmosphäre. Dieser Prozess gefährdet kalkbildende Organismen wie Korallen, Muscheln und bestimmte Planktonarten, die fundamentale Bausteine der maritimen Nahrungskette sind. Darüber hinaus führen höhere Wassertemperaturen zu einer Veränderung der Verteilung mariner Arten, wobei warmwasserliebende Arten in höhere Breiten wandern und kälteadaptierte Arten verdrängt werden. Dazu kommt, dass wärmeres Wasser deutlich weniger Sauerstoff aufnehmen kann. Wegen der geringeren Zirkulation dringt Sauerstoff auch deutlich schlechter in tiefe Meeresschichten vor. Das bedeutet: auf lange Sicht könnte den Fischen in den Ozeanen im wahrsten Sinne des Wortes die Luft ausgehen.

 

 

Die stille Bedrohung
Steigender Meeresspiegel und Extremwetter



Nicht nur das Leben im Wasser ist bedroht, sondern auch das Leben an Land. Denn warmes Wasser dehnt sich aus. Die höheren Weltmeer-Temperaturen sind allein schon für 30-50% des globalen Meeresspiegelanstiegs verantwortlich. Die Auswirkungen der Ozeanerwärmung manifestieren sich nicht nur in steigenden Temperaturen, sondern lösen eine Kaskade von Folgeerscheinungen aus, die sowohl unsere natürliche Umwelt als auch die sozioökonomischen Strukturen globaler Gemeinschaften tiefgreifend beeinflussen. Der beschleunigte Anstieg des Meeresspiegels sowie die Zunahme von Extremwetterereignissen bilden dabei nur die Spitze des Eisbergs.

 

Unmittelbare Auswirkungen: Der Anstieg des Meeresspiegels


«Wir haben 1,2 Grad Erwärmung im globalen Mittel beobachtet und die Kontinente haben sich im Schnitt bereits um mehr als zwei Grad erwärmt», erklärt Levermann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung.

«Am Anfang des letzten Jahrhunderts hatten wir rund einen Zentimeter pro Jahrzehnt Meeresspiegelanstieg, am Anfang dieses Jahrhunderts rund drei und jetzt mittlerweile schon etwa fünf.» Die Erwärmung der Ozeane führt zu einer thermischen Ausdehnung des Wassers. Zusammen mit dem verstärkten Abschmelzen der Polkappen und Gletscher resultiert dies in einem beschleunigten Anstieg des Meeresspiegels. Dieser Anstieg bedroht nicht nur Küstengemeinden und Städte durch Überschwemmungen und Erosion, sondern hat auch weitreichende ökologische Konsequenzen, etwa durch die Versalzung von Süsswasserressourcen und die Zerstörung von Küstenökosystemen, die als natürliche Schutzbarrieren gegen Sturmfluten dienen.

 

Verstärkung von Extremwetterereignissen


Die Erhöhung der globalen Temperaturen führt zu einer verstärkten Verdunstung von Oberflächenwasser und damit zu einer erhöhten Wasserdampfaufnahmekapazität der Atmosphäre. Dieses Phänomen begünstigt die Entstehung von Extremwetterereignissen wie Starkregen, Hurrikanen und Taifunen. Die Intensität und Häufigkeit dieser Ereignisse haben in den letzten Jahrzehnten zugenommen, mit verheerenden Auswirkungen auf Infrastruktur, Landwirtschaft und menschliche Siedlungen weltweit.

 

Ökologische und sozioökonomische Folgen


«Das hat Folgen nicht nur für die Meereslebewesen, sondern auch auf die Fischerei und damit auch die Ernährung der Menschen», fasst es Anders Levermann zusammen. Die marine Hitzewelle beeinträchtigt nicht nur die thermischen Bedingungen der Ozeane, sondern führt auch zu einer Verschiebung der marinen Biodiversität und Lebensräume. Diese ökologischen Veränderungen haben direkte Auswirkungen auf die Fischbestände und somit auf die Fischereiwirtschaft, die für viele Küstengemeinschaften eine essenzielle Einkommensquelle darstellt. Ebenso leidet der Tourismussektor unter den veränderten klimatischen Bedingungen, da Küstenregionen und Inselstaaten durch den Anstieg des Meeresspiegels und die Zunahme von Naturkatastrophen an Attraktivität verlieren.

 

Ein Wendepunkt in der Klimapolitik


Die vorliegenden Daten und Beobachtungen signalisieren einen dringenden Handlungsbedarf. Ohne entschiedene Massnahmen zur Emissionsreduktion steuern wir auf irreversible Veränderungen der globalen Ökosysteme und eine Zunahme klimatischer Extremereignisse zu. Die internationalen Bemühungen, wie das Pariser Abkommen, markieren einen ersten Schritt, doch bedarf es verstärkter Anstrengungen und einer globalen Kooperation, um den Klimawandel effektiv zu bekämpfen und die Resilienz unserer Gesellschaften gegenüber seinen Auswirkungen zu stärken.

Es ist unerlässlich, dass Klimawandel und seine Folgen ernst genommen werden und dass sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene konkrete Massnahmen ergriffen werden, um die Emissionen von Treibhausgasen signifikant zu reduzieren. Die jüngsten Entwicklungen unterstreichen die Dringlichkeit dieser Aufgabe und fordern uns auf, sowohl individuell als auch kollektiv Verantwortung zu übernehmen und für eine nachhaltige Zukunft zu agieren.

 


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Autor: INFO Schweiz - Redaktion

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(Last updated: 07.03.2024, 18:25)