Nur noch 60 km/h auf der Autobahn - Neue Tempolimite für die Schweiz?

Maximal 60 km/h fahren auf der Autobahn: Vincent Kaufmann, als Professor für Stadtsoziologie und Mobilitätsanalyse an der EPFL ein renommierter Experte im Bereich Mobilität, setzt sich vehement für eine Senkung der Höchstgeschwindigkeit auf Schweizer Autobahnen auf 60 km/h ein. Durch diese Geschwindigkeitsbegrenzung könnten die Strassen ihre maximale Kapazität erreichen, was wiederum zu einer verstärkten Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel führen würde.

In einem kürzlich veröffentlichten Interview mit der Zeitung «Blick» erklärte Kaufmann: «Bei einer Geschwindigkeit von 60 km/h würde die Fahrzeit von Genf nach Lausanne eine Stunde und zehn Minuten betragen, anstatt derzeit 45 Minuten. Eine Reduzierung der zulässigen Geschwindigkeit auf Autobahnen auf 60 km/h hätte also zur Folge, dass die Menschen im Alltag weniger fahren würden.» Zudem würde eine solche Massnahme zu einem flüssigeren Verkehrsfluss führen.

Kaufmann äusserte auch Bedenken hinsichtlich des Ausbaus der Autobahnkapazitäten und warnte vor der Entstehung neuer Verkehrsströme. Hintergrund: Der Schweizer Bundesrat rund um SVP-Umwelt- und Verkehrsminister Albert Rösti plant, auf den Streckenabschnitten Bern–Zürich und Lausanne–Genf die Autobahn A1 auf mindestens sechs Spuren auszubauen.

Als Professor für Soziologie an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne und Leiter des Labors für Stadtsoziologie an der Fakultät für Architektur, Bau und Umweltingenieurwesen betonte er: «Es ist bekannt, dass ein Teil des Verkehrs verschwindet, wenn die Kapazität einer Strasse reduziert wird.»

Neben diesen praktischen Überlegungen wies Kaufmann auch auf die Auswirkungen eines Ausbaus auf das Pariser Klimaabkommen hin, das eine CO?-Neutralität bis 2050 vorsieht. Er bemerkte jedoch frustriert: «Es ist verrückt! Im Jahr 2015 unterzeichnete die Schweiz das Pariser Abkommen, in dem ein Ziel festgelegt wurde: die CO2-Neutralität bis 2050. In den vergangenen acht Jahren hat sich nichts getan. In den letzten acht Jahren ist nichts passiert. Ich beschäftige mich seit Jahren mit diesen Themen. Diese Situation ist äusserst problematisch und macht mich wütend.» Es scheine, als ob das Abkommen nicht ernst genommen werde, nicht nur von einem Land, sondern von allen westlichen Ländern. Dies bezeichnete er als einen bedenklichen Zynismus.