Das Diktatoren-Framing von SRF: "Gute" (Geschäfts-)Freunde vs. "böse" Tyrannen

Macht das SRF im Duktus seiner Berichterstattung über Diktatoren einen Unterschied zwischen "guten Geschäftsfreunden" und "schlechten Geschäftspartnern" der Schweiz?

Dass die CVP politischen Einfluss auf die Entscheidungsorgane der Staatsmedien (öffentlich-rechtlich) hat, wird in dieser Übersicht dokumentiert. Ob sie auch Einfluss nimmt, kann hingegen nicht abschliessend erhärtet werden. Dagegen spricht, dass das SRF in seiner Berichterstattung stets sichtbar um Ausgewogenheit und Neutralität bemüht ist. Was naturgemäss und je nach Thema (z.B. in News-Formaten) nicht immer gleich gut gelingen mag und deshalb punktuelle Kritik hervorruft.


Zumindest die Berichterstattung über den umstrittenen Geschäfts- und Rüstungspartner Saudi-Arabien sowie weitere arabische Diktaturen wirft Fragen auf.
 

Ein Beispiel:

Screenshot SRF zum Diktatoren-Framing
Bild: Berechtigte Nachfrage eines SRF-Lesers (Screenshot).

Saudi-Arabien ist geostrategisch zweifellos ein lukrativer Markt (Handelsvolumen CHF 2.5 Mrd) und politisch ein höchst willkommener Geschäftsfreund. So sehr, dass die Schweiz unter politischer Federführung* von FDP, SVP und CVP Rüstungsgüter nach Saudi-Arabien liefert. Obschon Saudi-Arabien tonangebende Kriegspartei im Jemenkrieg ist. Und obwohl die zahnlose Kriegsmaterialverordnung entsprechende Ausfuhren der Schweiz eigentlich verbieten sollte.


* Zu berücksichtigen gilt, dass die CVP nebst FDP und SVP nachweislich die rüstungsfreundlichste Partei auf Bundesebene ist. Die entsprechenden Verflechtungen der Parlamentarier mit der hiesigen Rüstungsindustrie sind hier übersichtlich dokumentiert. Alle drei Parteien können im Bundesrat, Nationalrat und Ständerat sämtliche Beschlüsse im Alleingang fällen. Dies spiegelt sich bei den Rüstungsgeschäften wider. Regelmässige Lockerungen von Schweizer Waffenausfuhr-Richtlinien waren und sind die Folge. Frei nach dem «Steter-Tropfen-höhlt-den-Stein»-Prinzip.
 

Zurück zum Fallbeispiel Saudiarabien vs. Kuba. Würde das SRF in seiner Berichterstattung mit gleichen Ellen messen, heisst, die politischen Führer der beiden Länder dem Amtstitel entsprechend bezeichnen, so wäre:

  • Salman ibn Abd al-Aziz der „König“ („König von Saudi-Arabien“) und

  • Fidel Castro der „Präsident“ („Präsident des Ministerrats der Republik Kuba“).

 

Die (un)kritische Berichterstattung:

• Über Salman ibn Abd al-Aziz wird denn auch demgemäss stets als „König“ berichtet. Trotz Gewaltherrschaft und staatlich verordneten, systematischen Menschenrechtsverletzungen.


Wortbedeutungen gemäss Duden:

Der KÖNIG:
1.a) Titel des [nach dem Kaiser] höchsten weltlichen Herrschers oder Repräsentanten in bestimmten Monarchien
1.b) Träger des Königstitels
2.a) wichtigste Figur im Schachspiel (auf deren Mattsetzen eine Schachpartie angelegt ist)

Der DIKTATOR:
1. (abwertend) unumschränkter Machthaber in einem Staat; Gewaltherrscher
2. (abwertend) herrischer, despotischer Mensch
 

Was passieren kann, wenn man die Menschenrechtslage im saudischen Königreich offiziell kritisiert, dokumentiert die diplomatische Eskalation zwischen Saudi-Arabien und Kanada (NZZ) bestens. «Nicht zum ersten Mal reagiert die Regierung in Riad dünnhäutig auf Kritik. Als der damalige deutsche Aussenminister Sigmar Gabriel im November 2017 andeutete, Libanons Ministerpräsident Saad Hariri werde wohl gegen seinen Willen in Saudiarabien festgehalten, zog Riad umgehend seinen Botschafter aus Berlin ab. Der Posten ist bis heute vakant.»

Leicht kritischer - abseits der SRF-News-Formate - äussern sich tiefergehende Sendegefässe der Öffentlich-rechtlichen, wie z.B. «Echo der Zeit». Hier wird König Salman ibn Abd al-Aziz immerhin auch mal als „Feudalherrscher“ beschrieben. Die Bezeichnung „Diktator“ aber wird tunlichst vermieden.


Keine solch vornehm diplomatische Zurückhaltung kennt das SRF hingegen für:


Allesamt keine besonders lukrativen Geschäftspartner der Schweiz resp. wirtschaftlich von vernachlässigbarer Bedeutung. Ausser vielleicht Libyen eine Zeit lang (Öl), mit dem es aber bekanntlich grosse Probleme gab (Die Libyen-Affäre) und sich der Duktus von Berichterstattungen entsprechend anpasste. Oder Ägypten vor dem Militärputsch.

Mit keiner Silbe werden hingegen die nicht-demokratischen „Führer“ der arabischen Staaten

in der Berichterstattung als „Diktatoren“ bezeichnet.

Dieser Umstand wirft die Frage auf, ob das «Framing» in besagter Berichterstattung politisch resp. wirtschaftlich begründet ist. Und wer allenfalls solche Framing-Richtlinien diktiert.


Mehr zum Thema Framing:
Wie Framing unser politisches Denken beeinflusst (kontrast.at)

«Flüchtlingswelle, Anpatzen, saubere Politik. Das sind Beispiele für gezielte politische Sprachbilder, sogenannte Frames. Sie machen – oft in Kombination mit Metaphern – komplexe Sachverhalte für unser Gehirn leichter denkbar. In der politischen Kommunikation werden sie dazu genutzt, unsere Meinung in eine gewisse Richtung zu lenken.»
 

Erde Globus Lupe und Hand

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(Last updated: 16.09.2018, 04:54)