Wie viele Flüchtlinge machen Ferien in ihrer Heimat?


Reise in die Heimat:
Der Bund entzog auch 2017 den Flüchtlingen ihren Asylstatus, wenn sie freiwillig bzw. ungerechtfertigt in ihr Heimatland gereist sind.
 


Heimreisen von Flüchtlingen sorgen in der Schweiz immer wieder für hitzige Diskussionen. Nicht selten werden dabei völlig unsachlich ganze Völkergruppen in einen Topf geworfen (z.B. Eritreer), sie seien eigentlich gar keine „echten Flüchtlinge“ und würden regelmässig nach Hause in die Ferien reisen. Doch wie viel ist da dran, an diesen Gerüchten?

Inhalte:

Sonnenuntergang in der Hängematte im Meer

 




Asylstatus aberkannt:

Wie viel ist da tatsächlich dran an den Behauptungen und Pauschalisierungen? Kurz gesagt: Wenig. Zwar ist die Zahl jener Personen, denen das Staatssekretariat für Migration (SEM) den Flüchtlingsstatus wieder entzogen hat, 2017 um +60% gestiegen, wie ein BfS-Sprecher «Tele Basel» bestätigte. In absoluten Zahlen liest sich der Kreis dieser fehlbaren Personen jedoch ziemlich bescheiden: Es sind insgesamt 231 Flüchtlinge, deren Asylstatus aufgrund von ungerechtfertigten Heimreisen aberkannt wurde. 86 Personen mehr als im Vorjahr. Gesamthaft betrachtet ein marginaler Anteil aller Flüchtlinge.

 

Was macht Sommaruga?


Sommaruga will trotzdem das Verbot von Heimatreisen explizit im Asylgesetz verankern.
 

Bundesrätin Simonetta Sommaruga (SP) strebt eine Verschärfung der Asylpraxis an, um solchen Reisen in die Heimat einen Riegel vorzuschieben.

Wer freiwillig in sein Herkunftsland zurückreise, bei Grenzübertritt eine Passkontrolle passiere resp. in Kontakt mit den Behörden seiner Heimat trete und nicht mehr behördlich verfolgt werde, dessen Flüchtlingsstatus soll aberkannt werden. Ausserdem plant die Justizministerin, dass künftig neu die Flüchtlinge statt die Behörden den Beweis antreten müssen, nicht freiwillig gereist, sondern zur Heimatreise gezwungen worden zu sein.


Die Flüchtlinge «müssen plausibel darlegen, dass sie zur Reise gezwungen wurden, um weiterhin Asyl zu erhalten», beschreibt der «Blick» Sommarugas Praxisverschärfung.
 

Die Schweiz eine Insel

Das letzte Wort hat das Parlament. Es wird entscheiden müssen, ob es dem verschärften Vorschlag von Asylministerin Simonetta Sommaruga zustimmt.

 

Länder:

Die meisten Widerrufe des Asylstatus betrafen Flüchtlinge aus folgenden Herkunftsländern:

• Vietnam: 71 Personen
• Irak: 60 Personen
• Bosnien-Herzegowina: 30 Personen



Die Flucht aus Eritrea:
Eritrea-Flüchtlinge in der Schweiz

Warum ist es eigentlich illegal, Eritrea zu
verlassen bzw. über die Grenze zu flüchten?

Wer es trotz all den Gefahren bis auf
den alten Kontinent nach Europa schafft,
der hat oft Verstörendes hinter sich ...
 

 

Gründe für den Anstieg:

Verantwortlich für den Anstieg ist mitunter auch die 2015 vom SEM geschaffene «Meldestelle Heimatreisen». Hier hin übermitteln Grenzbehörden und kantonale Ämter ihre Verdachtsfälle. 2016 waren es 28 Meldungen, im 2017 waren es 101 Verdachtsfälle für 137 Personen. Das sind drei Mal mehr Verdachtsmeldungen als noch im Jahr 2016. Die steigende Zahl hängt mit der Gründung der Meldestelle und der engeren Zusammenarbeit mit den kantonalen Ämtern zusammen.

 

Heimatreisen aufdecken:

Flugzeug in der Luft

Aber wie werden denn freiwillig in die Heimat reisende Flüchtlinge überhaupt erwischt? Die Grenzbehörden verfügen dafür über entsprechende Mittel und haben unter anderem Zugriff auf die Passagierdaten von Fluggesellschaften. Bei Verdachtsfällen wird die Person genauer überprüft und gegebenfalls, sofern die Auslandreise ungerechtfertigt erfolgte, erkennt das SEM den Asylstatus der betroffenen Person ab.

 

Auslandreise oder Heimaturlaub?

Es ist reiner Populismus, gleich jede Reise eines Flüchtlings ins Ausland als „Ferien“ abzutun. Denn es gibt für viele Auslandreisen gute Gründe.


«Ein Betroffener muss die Möglichkeit haben, sich gegen eine entsprechende Verfügung zu wehren. Es geht schliesslich um Leib und Leben», zitiert die «Aargauer Zeitung» Michael Flückiger von der Schweizerischen Flüchtlingshilfe.
 

«Reist eine Person ins Heimatland, heisst das nicht automatisch, dass sich diese Person freiwillig unter den Schutz dieses Staates stellt.» Ein Flüchtling könne auch «unter dem Radar der Behörden in sein Herkunftsland reisen, um an einer Beerdigung eines Familienangehörigen teilzunehmen», schreibt die «Aargauer Zeitung».

Weiterführende Informationen:
Grenzbehörden und kantonale Ämter melden dreimal so viele Verdachtsfälle wie im Jahr 2017 (Aargauer Zeitung)
231 Flüchtlinge verloren letztes Jahr Asylstatus wegen Heimatreise (Blick)
231 Personen verlieren Asylstatus (Tele Basel)

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(Last updated: 08.04.2018, 16:25)