Finnlands Grundeinkommen funktioniert - Zwischenergebnisse

Finnland testet das bedingungslose Grundeinkommen: Es funktioniert.

Vor rund 6 Monaten hat Finnland als erstes europäisches Land das bedingungslose Grundeinkommen gestartet. Insgesamt 2000 Menschen erhalten 560 Euro pro Monat - bedingungslos. Sie müssen weder nachweisen, dass sie aktiv auf Arbeitssuche sind, noch dass sie das Geld brauchen. Das Geld kommt. So oder so.

Das Grundeinkommen polarisiert. Viele sind dafür, viele dagegen. Bisher ist alles nur Theorie. Daher sind die Zwischenergebnisse Finnlands in der Praxis besonders interessant. Und aufschlussreich.

Inhalte:

Bedingungsloses Grundeinkommen in Finnland

 


Die digitale Revolution:

Sie kommt auf samtenen Pfoten und scheint noch weit weg. Dabei hat die digitale Revolution längst begonnen und sie kommt ins Rollen. Die voranschreitende Automatisierung diverser Berufszweige wird in den kommenden Jahren die Lebensweise unserer Gesellschaft nachhaltig verändern. Obwohl die Arbeitslosigkeit in Finnland bereits jetzt vergleichsweise hoch ist, drohen massenhaft Arbeitsplätze wegzubrechen. Die gesellschaftlichen Veränderungen bringen zwar zweifellos Lösungen, aber auch zahlreiche neue Probleme mit sich. Auf die braucht es politische Antworten. Eine davon ist das Grundeinkommen. Doch klappt das Grundeinkommen auch in der Praxis? Oder ist es bloss linke Träumerei?


GRUNDEINKOMMEN WELTWEIT
Welche Länder haben das bedingungslose Grundeinkommen?

Finnland liefert die Antwort:

"Linke Träumerei" ist das skandinavische BGE-Projekt mit Sicherheit nicht. Denn die Regierung Finnlands setzt sich aus Mitte- und Rechtsparteien zusammen. Nach dem ersten halben Jahr lässt sich nun erstmals Bilanz zum zweijährigen Feldversuch ziehen. Die Ergebnisse sind überraschend positiv und nehmen Kritikern den Wind aus den Segeln.

 

Der BGE-Test:

Der finnische Versuch will eine Reihe von wichtigen Fragen beantwortet haben. Allen voran: Soll das Grundeinkommen gleich sämtliche Sozialleistungen ersetzen oder lieber nur teilweise? Wie hoch soll das Grundeinkommen genau ausfallen? Und liegen die BGE-Empfänger dann alle nur auf der faulen Haut anstatt zu arbeiten?

 

Ausgangslage 560 Euro pro Monat:

560 Euro pro Monat. Einfach so. Garantiert. Die 2000 Teilnehmer zwischen 25 und 58 Jahren können mit ihrem BGE-Geld machen, was sie wollen. Es gibt keine Bedingungen. 560 Euro sind in Finnland aber nicht wirklich viel.

Es soll gerade nicht genug zum Leben sein:

«Wir haben versucht, einen Betrag zu finden, der Menschen animiert, einen Job zu suchen - und nicht zu Hause zu bleiben und nichts zu tun», sagt Projektleiterin Turunen gegenüber dem finnischen TV-Sender «Kera News».

 

Arbeitslos oder Job?

Das finnische Grundeinkommen «subsummiert Arbeitslosengeld, Krankengeld und Elterngeld. Dazu erhalten die Teilnehmer Geld für ihre Sozialversicherung. Finnlands Regierung erhofft sich, die Verwaltungskosten massiv senken zu können.

Sollte einer der arbeitslosen BGE-Empfänger eine Arbeit finden, erhält er das Grundeinkommen weiterhin und zusätzlich. Dieser Umstand soll - anders als zum Beispiel bei der Arbeitslosenunterstützung - grössere Anreize zur Jobsuche bieten und so mittelfristig den Sozialstaat entlasten.

 

Macht das Grundeinkommen die Menschen faul?

Laut Markukka Turunen von der finnischen Sozialversicherungs-Behörde Kela macht das bedingungslose Grundeinkommen die Menschen alles andere als faul und genügsam. Im Gegenteil. Vielmehr registriert Kela eine deutlich höhere Motivation bei der Arbeitssuche. Arbeitsbereitschaft und Leistungsmotivation seien gestiegen. Arbeitslose könnten dank dem BGE auch geringbezahltere Arbeit annehmen und nebenbei frei von Sorgen, ohne Zeitdruck und in aller Ruhe eine bessere Anstellung suchen. Viele Teilnehmer seien zudem gewillt und kreativ, freie Zeit in eigene Geschäftsideen zu investieren. Ausserdem habe das persönliche Wohlbefinden zugenommen. Der Stresslevel, der anfällig für Depressionen, Burnouts und andere Krankheiten macht, sei nach Empfinden der Teilnehmer merklich gesunken. Das bedingungslose Grundeinkommen nimmt den finanziellen Druck weg und senkt dadurch die Existenzängste der Bürger.

Turunen schildert ein anderes Beispiel: «Da war diese eine Frau, die sagte: "Jedes Mal wenn das Telefon klingelte, hatte ich Angst, dass die Arbeitslosenbehörde anruft und mir einen Job anbietet." Sie sagte, dass sie keinen Job annehmen kann, weil sie zu Hause ihre Eltern pflegt

Allerdings gilt es anzumerken, dass all diese positiven Erfahrungen, die Kela schildert, Stichproben darstellen und ausschliesslich das persönliche Befinden der Teilnehmer abbildet. Ob das Grundeinkommen wie beabsichtigt auch die Sozialkosten und den Verwaltungsaufwand des Staates senken kann, wird die Zeit weisen.

Weiterführende Informationen:
- Finland's guaranteed basic income is working to tackle poverty (Kera News)

- Finnish citizens given universal basic income report lower stress levels and greater incentive to work (Independent)

- 560 Euro Grundeinkommen macht Finnen glücklich (Handelsblatt)

- Finnland testet das bedingungslose Grundeinkommen - und widerlegt das wichtigste Argument der Kritiker (Huffpost)

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(Last updated: 30.06.2017, 16:26)