DER FAKTEN-CHECK: Asylsuchender aus Eritrea bringt 16‘500 Fr. zum Fundbüro - «FakeNews!»?


Ein Bericht im «Tagesanzeiger» über einen „ehrlichen Asylbewerber“ lockte viele Wutbürgerinnen und Wutbürger aus ihrer Deckung. Aber der Reihe nach: Der Fakten-Check.

 


Wutbürger in der Schweiz

Inhalte:

 

 

Was war der Anlass, der die Wutbürger zum Schnauben brachte?

Ein ehrlicher Finder, zufällig ein Asylsuchender aus Eritrea, fand einen Plastiksack mit 16‘500 Franken und brachte den gefundenen Betrag vollumfänglich zum Fundbüro - so wie es das Schweizer Gesetz verlangt ab einem Betrag von 10 Fr. aufwärts.


Die Handlung:

Der Asylbewerber handelte also ganz normal und grundehrlich, indem er den Fund der zuständigen Stelle meldete, wie das viele Menschen in der Schweiz und auf dieser Welt genau so tun würden - unabhängig ihrer Herkunft, ihres Geschlechts, ihrer Religion oder ihres Aufenthaltsstatus. Besagter Asylbewerber verhielt sich sozial und gesetzeskonform, so wie die meisten anderen Einheimischen und Asylbewerber in unserer Gesellschaft auch.

 

Das Problem:

Die Berichterstattung über Asylbewerber ist generell sehr konfliktorientiert. Das heisst, berichtet wird nur, wenn es politische oder sogar gewaltförmige Konflikte gibt. Der «gewöhnliche» Asylbewerber verkauft sich schlecht. Er bringt keine Klicks. Keine Likes. Keine Kommentare. Dies könnte einer der Gründe für die selektive Wahrnehmung einiger empörter Wutbürger sein, welche Asylbewerber pauschal verteufeln, „den Asylbewerber“ als eine homogene Gruppe wahrnehmen und ihm gruppeneigene Eigenschaften unterstellen (in diesem Fall Unehrlichkeit). Das deckt sich so ziemlich genau mit der Definition von Rassismus.

 

Der Fakten-Check:

Wutbürger Hass Zorn

Wann hat der Asylbewerber das Geld zum Fundbüro gebracht?

Wohlgemerkt spielten sich die Ereignisse nicht etwa „verdächtig“ und „thematisch passend“ kurz vor Weihnachten ab, sondern es geschah im Verlauf des Jahres auf dem Flohmarkt in der Winterthurer Altstadt. Das Ereignis hat mit den Weihnachtsgeschichten folglich rein gar nichts zu tun. Es ist allgemein üblich, dass erst zum Ende des Jahres Bilanz gezogen wird. Eine kurze Recherche bestätigt, das letzte Mal fand der Floh- und Trödlermarkt am 27. Oktober 2018 statt. Also weit vor der Weihnachtszeit.

 

Spiegel-FakeNews? Ist die Geschichte wahr oder erfunden?

In den Reaktionen auf den ehrlichen Finder wird lauthals "Fälschung" gerufen und von vielen hämisch auf den jüngsten Spiegel-Skandal verwiesen. Weil schliesslich nicht sein darf, was nicht dem eigenen Weltbild entspricht. Wenn man sich die Kommentare durchliest, könnte man gar meinen, das Weltbild einiger Kritiker würde vielleicht implodieren, würden solche Begebenheiten den Tatsachen entsprechen. Ein "ehrlicher Asylbewerber"? Geht‘s noch? „FakeNews!“, „Herr Relotius lässt grüssen!“, „Propaganda!“ sind unter anderem die beliebtesten empörten Kommentare. Dabei haben Autorin und Quelle so wenig mit dem «Spiegel» zu tun, wie die SVP mit dem kleinen Mann im Volk. Zur Erinnerung: Jene Zeitung in der Schweiz, die auf diesen Herrn Relotius mit über 28(!) Artikeln hereingefallen ist, ist das rechte SVP-Kampfblatt «Weltwoche» von SVP-Nationalrat Roger Köppel. Die «Weltwoche» druckte 28 Texte des Fälschers. Sie enthalten Aufgebauschtes und Erfundenes. So viel zu den FakeNews.

 

Autorin und Quelle:

Die Autorin des Artikels arbeitet für die Sonntagszeitung und den Tagesanzeiger, einer der renommiertesten Tageszeitungen der Schweiz. Die Autorin beruft sich im Artikel transparent auf Michael Loetscher, Leiter des Winterthurer Fundbüros, den sie auch zitiert. Das sind alles nachprüfbare Informationen, ohne grossen Aufwand.

 

Der Bericht:

«Im Frühjahr verliert ein älterer Herr auf dem Flohmarkt in der Winterthurer Altstadt einen Plastiksack. Darin: 16'500 Franken. Das Geld hatte der Senior kurz zuvor von der Bank abgehoben, um sich damit ein Auto zu kaufen. Ein Asylsuchender aus Eritrea findet den Plastiksack und bringt ihn zum Fundbüro. Bald meldet sich dort der Besitzer. ­Zusätzlich zum Finderlohn schenkt er dem jungen Mann noch 500 Franken. Diese Geschichte ­erzählt Michael Loetscher, Leiter des Winterthurer Fundbüros. «Wir waren alle baff», erinnert er sich. Der Eritreer habe gesagt, es sei doch normal, zu helfen. «Das war unser Highlight in diesem Jahr.»»

Was bei all heftigen Reaktionen untergeht, es wird auch noch über andere ehrliche Finder berichtet, die keine Asylbewerber sind. Hier geht es zum Artikel.

 

 

Fazit - Hasser hassen alles:


Viel Aufregung um eine löbliche Tat.

Und entlarvend.

Denn Ausländer- und Fremdenhassern geht es ausschliesslich darum, ihren Hass zu bewirtschaften.

Von etwas muss man diesen schliesslich nähren.

Da ist jedes Mittel Recht.

Im Notfall werden Fakten verzerrt, angezweifelt und ... gehasst.

Ohne fundierte Argumente.

Ein plumper Verweis auf den Spiegel ist KEIN Argument.

Oder schliesst man vielleicht sogar von sich selbst auf andere?

Weil man das Geld wahrscheinlich selber behalten hätte.

Und diese Erkenntnis bringt einen erst Recht auf die Palme ...

... wenn sich der „böse Asylbewerber“ als der bessere Bürger herausstellt, als man selbst ist.

Die heftige Wutbürger-Wut ist also mit ein klein wenig Empathie zumindest erklärbar.

Der Rassismus, der dabei mitschwingt, ist jedoch ein Armutszeugnis sondergleichen.

Frohe Weihnachten.


Kriminalität nach Nationalitäten
Schweizer vs. Ausländer

Auf Druck der SVP-Motion «Transparenz über die Herkunft Krimineller» veröffentlichte das Bundesamt für Statistik (BfS) erstmals Zahlen zur Nationalität der rechtskräftig Verurteilten ...s


Wut Zorn Hass Empörung

 

 

Einige Kommentare von engagierten LeserInnen:


«Die hier kommentierenden Wutbürger, Neidgenossen, Faktenverdreher, SVPler hätten das Geld natürlich behalten. Das ist wieder mal der Beweis, dass sich die Ausländer nicht anpassen! Die unterschlagen nicht mal Fundsachen!»
 


«Ihr da, ihr "Ach, ich kann es kaum glauben, dass ein Asylant ehrlich sein soll" haben wohl vergessen, dass man ab 10. - das Geld abgeben muss! Das würde auffallen wenn ein Asylant plötzlich so viel Geld hätte und die anderen würden sicher nicht schweigen und ihn vielleicht anzeigen! Übrigens ist das auch nicht erst gestern passiert für die, die glauben es wäre eine schöne Fake Weihnachtsgeschichte!»
 


«Ihr sprecht also ALLEN Asylbewerbern grundsätzlich die Fähigkeit zur Ehrlichkeit ab! Leute: Ihr seid einfach Rassisten! Verabscheuenswürdige Rassisten! Könnt Ihr Eure Gesinung mal ein Wenig überdenken? Selber denken, statt nur den Demagogen die Parolen nachzuplappern? Wollt Ihr Mensch bleiben oder zum Tier werden? Überlegt es Euch!»
 


«Und unsere selbsternannten "Abendlandretter" drehen mal wieder voll ab - zu Weihnachten notabene. Gibt es noch Platz für den Aluhut auf der morgigen Wunschliste?»
 


«Aber wo bleibt der Aufschrei? Schon von CumEx gehört? Wo bleibt der Aufschrei? Es geht Ihnen, wie allen Nationalpopulisten nur um die Hetze gegen ein Feindbild, welches die Oberpopulisten geschaffen haben: Die Scheininvaliden, die Scheinflüchtlinge... einfach die ANDEREN, die an allem Schuld sind. Populismus ist sowas von durchschaubar...»
 


«Einfach nur traurige Kommentare. Ausländerhass pur.»
 


«Da tut ein Mensch etwas gutes und die meisten Kommentare hier drin sind nur negativ, arrogant und ignorant behaftet. Das bedeutet also, dass es euch nicht darum geht, dass sich Zugwanderte integrieren, benehmen und sozial sind... Ihr seid einfach gegen diese Art von Mensch und Ethnie. Und genau das ist der Ursprungsgedanke des Nationalsozialismus. Bei diesem Nenaderthalerdenken kommt ja einem der Brechreiz!»
 

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(Last updated: 23.12.2018, 15:53)