Die beiden Rechtsparteien SVP+FDP verweigern Kindern in der Schweiz medizinische Behandlungen


Kinder, deren Eltern die Krankenkassenprämien nicht bezahlt haben, landen wegen der SVP und FDP auf Schwarzen Listen von Krankenkassen und müssen dies mit einem Behandlungsstopp bezahlen. Heisst: Medizinische Behandlung gibt es für diese Kinder und Krebspatienten nur noch im Notfall. Doch ein Notfall ist Auslegungssache wie die Praxis zeigt.

Kinder Schwester Bruder

Der Bundesrat taxierte das als groben Verstoss gegen die UNO-Kinderrechtskonvention. Trotzdem halten die beiden Rechtsparteien SVP und FDP im Kanton Thurgau weiterhin daran fest und überstimmen die anderen Parteien. Verlinkte Quellen auf andere Medien (Parlament.ch, Grosser Rat, Beobachter, Srf, Blick, Tagblatt, NZZ, Aargauer Zeitung, Thurgauer Zeitung etc.) finden Sie unten am Artikelende fein säuberlich aufgelistet.

Inhalte:

 

 

 

SVP + FDP setzen Kinder
auf Schwarze Listen von Krankenkassen



Teddybär Spielzeug Kinder

Acht Schweizer Kantone führen sogenannte Schwarze Listen von Personen, die ihre Krankenkassenprämien nicht bezahlen (können): Die Kantone Aargau, Luzern, Schaffhausen, St. Gallen, Solothurn (auch Kinder), Thurgau (auch Kinder), Tessin und Zug. Betroffene auf diesen Schwarzen Listen verlieren ihren Anspruch auf medizinische Behandlungen und erhalten von da an nur noch Notfallbehandlungen. Wobei die Definition von „Notfällen“ von den Krankenkassen zuweilen sehr eigenwillig interpretiert werden.

«Der Kanton Solothurn erfasst minderjährige Versicherte nur in Ausnahmefällen auf seiner Liste», erklärt der Bundesrat. «Die anderen Kantone nehmen Kinder bis zum vollendeten 18. Altersjahr, das heisst Minderjährige, nicht in ihre Liste auf. Der Kanton Thurgau ist somit der einzige Kanton, der [Kinder] grundsätzlich in seine Liste aufnimmt.»

Das heisst für Betroffene (auch für Kinder und Krebs-Patienten): Wegen ausstehenden Krankenkassen-Rechnungen haben sie nur noch Anspruch auf medizinische Nothilfe.

«Die säumigen Prämienzahler werden damit bestraft, dass sie nur noch im Notfall behandelt werden. Ärzten, Spitälern und Apotheken ist es demnach auch verboten, Kinder, deren Eltern keine Krankenkassenprämien (KK-Prämien) bezahlt haben und betrieben wurden, zu behandeln.

Was als Notfall gilt, entscheidet laut Gesetz der Arzt in Absprache mit der Krankenkasse», berichteten die «Thurgauer Nachrichten». «Es ist eine Schande für den Kanton Thurgau die Chancengerechtigkeit und Unversehrtheit der betroffenen Kinder derart zu missachten», kritisiert SP-Kantonsrätin Barbara Kern.


  SVP & FDP schiessen gegen Kinder:

  • Ärzte dürfen Kinder nicht behandeln - weil Eltern KK-Prämien nicht bezahlen können

    Rund 34‘000 Personen stehen in insgesamt acht Schweizer Kantonen auf sogenannt schwarzen Listen. Das heisst für Betroffene (auch für Kinder und Krebs-Patienten): Medizinischer Behandlungsstopp.

    Allein im Kanton Thurgau sind 5787 Menschen betroffen - darunter 856 Kinder, also jede/r siebte Betroffene im Kanton Thurgau. Sie werden nur noch im medizinischen Notfall behandelt. Doch Notfälle werden von Krankenkassen eigenwillig interpretiert.

    «Selbst Kopfschmerzen können ein Notfall sein, wenn eine Hirnblutung dahintersteckt. Um das herauszufinden, muss man den Patienten aber erst untersuchen», warnt SP-Nationalrat und Arzt Angelo Barrile im «Beobachter».

    Es gebe Krankenkassen, «die den Begriff Notfall sehr eigenwillig interpretieren und Fälle wie Geburt, Darmverschluss, Gallensteine oder Gastroenteritis nicht als Notfall anerkennen», erklärt Markus Schwendinger, Leiter des Interdisziplinären Notfallzentrums des KSB gegenüber der «Aargauer Zeitung» ...


Der Bundesrat kritisierte diese Praxis der Thurgauer Kantonsregierung als Verstoss gegen die UNO-Kinderrechtskonvention. Trotzdem kommen Kinder im Kanton Thurgau, deren Eltern die Krankenkassenprämien nicht bezahlt haben, auch weiterhin auf die Schwarze Liste. Denn SVP und FDP halten an der umstrittenen Massnahme fest. Der Thurgauer Grosse Rat hat nämlich am 19.06.2019 eine Motion der SP, die diese umstrittene Praxis ändern wollte, mit 63 zu 56 Stimmen abgelehnt.

Die Parteien SP, Grüne, CVP, EVP, GLP und BDP waren mehrheitlich für den Vorstoss zur Praxisänderung. Die beiden Rechtsparteien FDP und SVP (mit insgesamt 64 Sitzen) setzten sich im Parlament aber durch und überstimmten die anderen Parteien. Somit kommen im Kanton Thurgau auch künftig Kinder auf die Schwarze Liste.

Update: Der Regierungsrat des Kanton Thurgau hat erst per 01.01.2021 und auf massiven Druck hin die seit 2007 existierende, von SVP und FDP durchgeboxte Praxis abgeändert, dass endlich keine Kinder mehr auf der Liste säumiger Prämeinzahler landen.

 

 

 

Verstoss gegen Kinderrechtskonvention
Krasse Missachtung der UN-Konvention über die Rechte des Kindes



Der Bundesrat hält auf die Frage von SP-Nationalrätin Edith Graf-Litscher klar und deutlich fest: «Die Praxis des Kantons Thurgau steht im Widerspruch zur Kinderrechtskonvention» nach Artikel 24 Absatz 2. Die Vertragsstaaten müssten sich nämlich dazu verpflichten, «dass alle Kinder die notwendige ärztliche Hilfe und Gesundheitsfürsorge erhalten». Daraus leite sich zwar noch kein Rechtsanspruch ab - doch aus Artikel 3 der Kinderrechtskonvention hingegen schon (siehe unten).

 

 

 

Betroffene können klagen
«Jedes Kind muss Zugang zu medizinischer Hilfe bekommen»



Artikel 3 der Kinderrechtskonvention zufolge ist bei allen Massnahmen, die Kinder betreffen, das Wohl des Kindes vorrangig zu berücksichtigen.


3. Das Recht auf Leben und Entwicklung
«Jedes Kind muss Zugang zu medizinischer Hilfe bekommen, zur Schule gehen können und vor Missbrauch und Ausbeutung geschützt werden.» (Quelle)


Zugangsbeschränkungen zu medizinischen Leistungen bei Kindern wie es im Kanton Thurgau gehandhabt wird, widersprechen diesem Artikel.


«Dieser Artikel ist in der Schweiz direkt anwendbar», so der Bundesrat. «Betroffene könnten sich daher vor Gericht darauf berufen.»


Vor Gericht wiederum kann aber nur, wer über genügend Kapital verfügt. Ein Hohn gegenüber Direktbetroffenen. Ein Gerichtsgang ist teuer. Höchste Zeit, dass die Politik diesem widerlichen Gebaren einen rechtlichen Riegel vorschiebt und Betroffenen nicht noch zynischerweise einen kostenintensiven und nervenaufreibenden Gang vor Gericht nahelegt.

 

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Autor: INFO Schweiz - Redaktion

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(Last updated: 27.06.2019, 11:34)