67-Stunden-Woche: FDP, SVP, CVP, GLP schaffen Höchstarbeitszeit ab, lockern Ruhezeit-Regel, weichen Sonntagsarbeitsverbot auf

Verzweiflung Trauer Frust

Neu soll die 67-Stunden-Woche eingeführt werden. Unter Federführung der Rechtsparteien SVP, FDP, CVP, GLP. Dabei hat die Schweiz bereits heute die längste Arbeitswoche in ganz Europa. Doch es kommt noch weit schlimmer.

In Wahrheit drohen sogar bis zu 73,5-Stunden-Wochen und 15-Stunden-Arbeitstage. Bis zu 1,4 Millionen bzw. 38 Prozent aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Schweiz betroffen: Die gesetzlich festgelegte wöchentliche Höchstarbeitszeit soll für sie abgeschafft und durch ein Jahresarbeitszeitmodell ersetzt werden. Die Bestimmungen zur Ruhezeit werden ebenfalls gelockert und das Sonntagsarbeitsverbot in der Schweiz aufgeweicht. Ein Überblick.

Die bürgerlich-rechtsnationalen Parteien blasen zum neuerlichen Frontalangriff auf den Schweizer Arbeitnehmerschutz. Wir listen die verantwortlichen Strippenzieher auf und zeigen, was sich alles ändern soll.

Inhalte:

 


 

 

Verantwortliche Parlamentarier und Parteien von Rechts


WAS SOLL SICH ÄNDERN?
Die wöchentliche Höchstarbeitszeit wird abgeschafft, die maximale tägliche Überzeitarbeit wird abgeschafft und die Pflicht für einen grossen Teil der Arbeitnehmenden zur Arbeitszeiterfassung wird abgeschafft. Gleichzeitig wird das Sonntagsarbeitsverbot aufgeweicht und für leitende Angestellte sowie Fachspezialisten die Sonntagsarbeit eingeführt.

Der neue Gesetzesentwurf zur Revision des Arbeitsgesetzes geht zurück auf eine parlamentarische Initiative von CVP-Ständerat Konrad Graber und FDP-Bundesrätin Karin Keller-Sutter und wurde in der einflussreichen Wirtschaftskommission des Ständerats (WAK) mit 10 zu 3 Stimmen angenommen. Er findet breite Zustimmung in den rechtsbürgerlichen und rechtsnationalen Parteien SVP, FDP, GLP und CVP und betrifft laut Auswertung der Schweizer Arbeitskräfteerhebung 38% aller Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Der Bundesrat geht indes von 30% aller Arbeitnehmer aus, das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) von 23%. Mit 43% sind Angestellte in der Informations- und Kommunikationsbranche besonders stark betroffen. Bei den Banken und den Versicherungen sollen es laut der eher tiefgestapelten Seco-Schätzung etwa 28% aller Arbeitnehmer sein.


NEU: 15-STUNDEN-TAGE
ARBEITSTAG AB 4 UHR MORGENS
NACHTZUSCHLAG ENTFÄLLT,
das beschliessen FDP, CVP + SVP

«Das Fabrikzeitalter ist tot, nieder mit den altmodischen Arbeits- und Ruhezeitregeln!»

Frust Wut Enttäuschung Hände Kopf


Laut SGV-Präsident und SVP-Nationalrat Jean-François Rime «atme [das heutige Arbeitsgesetz] den Geist der 50er- und 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Um den Bedürfnissen des flexiblen Arbeitsmarkts des 21. Jahrhunderts gerecht zu werden, muss dieses entrümpelt und von unnötigen Regulierungen befreit werden» ...


Federführend und bestimmend ist die Wirtschaftskommission des Ständerates (WAK-S). Mitunterzeichnet haben diese Initiative die Ständeräte Isidor Baumann (CVP), Pirmin Bischoff (CVP), Joachim Eder (FDP), Stefan Engler (CVP), Erich Ettlin (CVP), Peter Föhn (SVP), Hannes Germann (SVP), Thomas Hefti (FDP), Brigitte Häberli-Koller (CVP), Martin Schmid (FDP), Anne Seydoux-Christe (CVP) und Bundesrätin Karin Keller-Sutter (FDP). Die Wirtschaftskommission des Nationalrates stimmte mit 18 zu 6 Stimmen ebenfalls zu. Von den Parteien sprachen sich die FDP, die SVP, die CVP und die GLP für die Vorlagen aus.


Nur die Linken von SP und Grüne lehnen den Gesetzesentwurf geschlossen ab.


Diese WAK-S-Parlamentarier haben so abgestimmt:

Parlamentarier Partei Abstimmung
Bischof Pirmin CVP-Ständerat JA
Baumann Isidor CVP-Ständerat JA
Caroni Andrea FDP-Ständerat JA
Engler Stefan CVP-Ständerat JA
Fetz Anita SP-Ständerätin NEIN
Föhn Peter SVP-Ständerat JA
Germann Hannes SVP-Ständerat JA
Graber Konrad CVP-Ständerat JA
Hefti Thomas FDP-Ständerat JA
Levrat Christian SP-Ständerat NEIN
Noser Ruedi FDP-Ständerat JA
Schmid Martin FDP-Ständerat JA
Zanetti Roberto SP-Ständerat NEIN


 

 

Der Trick von Rechts: Kein Referendum möglich!

Insbesondere der einflussreiche Spitalverband H+, mit hervorragenden Verbindungen bis ins Parlament und mit der FDP-Nationalrätin Isabelle Moret als deren Präsidentin (siehe: Vorstand H+), übt zur Zeit massiven Druck auf die Wirtschaftskommission aus und findet - wenig überraschend - bei den Rechtsparteien Gehör: Die Reform soll laut H+ möglichst rasch umgesetzt werden - und zwar auf dem Verordnungsweg statt per Gesetz!


Auf dem Verordnungsweg bedeutet:
Dann wäre kein Referendum gegen die 67-Stunden-Woche möglich!


 

 

 

Das soll sich ändern

Höchstarbeitszeit

Die gesetzliche wöchentliche Höchstarbeitszeit fällt weg. 15-Stunden-Tage werden möglich. Lediglich im Jahresdurchschnitt dürfen mit dem neuen Gesetz maximal 45 Stunden pro Woche gearbeitet werden. Ende des Jahres dürfen höchstens 170 Überstunden zu Buche stehen. Die Kompensation soll mit einem 25%-Zuschlag oder halt im darauffolgenden Jahr erfolgen.


Uhr Zeit Stress Burnout

50-Stunden-Woche für alle:
SVP, FDP + SGV wollen «flexiblere» Arbeitszeiten & Pausen-Regel streichen


Dabei hat die Schweiz bereits heute die längste Arbeitswoche in ganz Europa ...


 

Ruhezeit

Dafür gibt es neu auch weniger Ruhezeit. Arbeitgeber können die Ruhezeit mehrmals pro Woche auf nur noch neun Stunden herabsetzen und müssen den 11-Stunden-Schnitt lediglich über einen Zeitraum von vier Wochen einhalten.

 

Sonntagsarbeitsverbot

Und für Sonntagsarbeit braucht es keine Bewilligung mehr. Zudem soll für leitende Angestellte sowie FachspezialistInnen die Sonntagsarbeit eingeführt werden.

 

 

Fazit: Wer Rechts wählt, dem ist nicht zu helfen

Die Bürgerlichen und Rechten lockern den Arbeitnehmerschutz. Einmal mehr. SP und Grüne lehnen die Änderungswünsche ab. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) droht mit dem Referendum. Bereits heute seien die Arbeitszeiten in der Schweiz im internationalen Vergleich lang und flexibel genug: «Studien zeigen es deutlich: Immer mehr Leute leiden unter Stress am Arbeitsplatz und den damit verbundenen gesundheitlichen Folgen. Die Allianz gegen Stress und Gratisarbeit wird diese Vorlage vehement bekämpfen. Die darin vereinigten Organisationen wissen dabei eine Mehrheit der Bevölkerung hinter sich. Denn 15-Stunden-Arbeitstage, 73,5-Stunden-Wochen und eine immer öfter gestörte Sonntagsruhe finden in einer Abstimmung keine Mehrheit.»

Das möchten die Rechtsparteien verhindern, indem diese "Teilflexibilisierung" über den Verordnungsweg statt per Gesetz umgesetzt wird - und ein Referendum verunmöglicht wird.

Entscheidend werden nun die beiden Parlamentskammern sein, in denen die oben genannten Befürworter in der absoluten Mehrheit sind. Der Ausgang dürfte also niemanden überraschen.

Übrigens ...
im Jahr 2023 sind wieder Wahlen.
Wähle weise.


Das schreiben andere:
Arbeitnehmerschutz: Abbau sofort stoppen! (SGB)
Schutz für Arbeitnehmer soll gelockert werden (Tagesanzeiger)
Kommt die 67-Stunden-Woche für Spital-Angestellte? (Tagesanzeiger)

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(Last updated: 22.01.2020, 20:56)