Volksinitiative Schweiz A-Z - Geschichte bis 2017

Die Volksinitiative - In der Schweiz herrscht das System der direkten Demokratie. Dieses besagt, dass das Volk einen enormen Anteil der politischen Entscheidungen mitträgt. Das Recht auf eine Volksinitiative ist eines dieser Werkzeuge. Anders als beispielsweise in Deutschland kann das Schweizer Stimmvolk zu wichtigen Fragen seine Stimme abgeben - mit JA oder NEIN.

Basierend auf dem Grundsatz, dass alle Macht vom Volk kommt, ist es jedem Bürger oder jeder Vereinigung möglich, eine Volksinitiative ins Leben zu rufen, die bei Erfolg dem Stimmvolk zur Abstimmung vorgelegt wird - vorausgesetzt das Parlament lehnt die Volksinitiative ab oder präsentiert einen Gegenvorschlag.

Dieses Recht auf eine Volksinitiative stellt einen der Grundpfeiler der Schweizer Demokratie dar - und wird daher von den Bürgern bzw. den Interessensgruppen in der Schweiz auch relativ häufig in Anspruch genommen.

Inhalte:

 

Historisches - Die Geschichte der Volksinitiative


Volksinitiative Schweiz

Die Volksinitiative, so wie es sie in ihrer heutigen Form gibt, fand im Jahr 1891 Einzug in die Schweizer Verfassung. Doch wurde ein solches Recht bereits in den 1830er-Jahren in der Schweiz etabliert. Durch dieses war es den Bürgern möglich, eine Totalrevision der Bundesverfassung zu erwirken. Der damalige Textlaut liess diesbezüglich keine andere Interpretation zu. Erst mit der Verfassung von 1891, in welcher dieses Recht noch einmal konkretisiert wurde, wurde auch eine Teilrevision verbrieft. Allerdings wurde dieses Recht, wie die Geschichte der Schweiz zeigt, zu Beginn eher weniger genutzt.

Während der Zeit der Weltwirtschaftskrise in der 30er-Jahren und in den 1950er-Jahren wurde zwar eine steigende Zahl an Volksinitiativen vermerkt. Erst in den 1970er-Jahren gelang der Volksinitiative aber der Durchbruch und sie etablierte sich. Auch ein Blick in die Statistik des Bundes verrät, dass sich Volksinitiativen in der Schweiz grosser Beliebtheit erfreuen und in jüngster Zeit immer reger genutzt werden.

Seit seit dem Jahr 1891 kamen insgesamt 311 Volksinitiativen zustande. 193 von ihnen erreichten das Stadium der Abstimmung - allerdings wurden lediglich 22 vom Volk angenommen.

 
 

Genauer Ablauf einer Volksinitiative


Neben der Volksinitiative auf Bundesebene (schweizweit) sei an dieser Stelle auch die Kantonsinitiative auf Kantonsebene erwähnt. Beide Verfahren laufen nach dem selben Muster ab, wobei aber die Zahl der zu erreichenden Unterschriften von Kanton zu Konation stark abweichen kann. Da es zwischen den beiden Initiativarten ansonsten keinen Unterschied bei der Ausführung gibt, soll stellvertretend die Initiative auf Bundesebene als Erläuterungsbeispiel dienen.

Allerdings wird hierbei nur die Teilrevision der Bundesverfassung erwähnt - denn die Totalrevision wurde in der Geschichte der Schweiz nur einmal verlangt. Von der Nationalen Front (Schweiz) in den 30 Jahren initiiert, wurde sie 1935 bei der Abstimmung nicht angenommen.

 

Der Initiativtext bei einer Volksinitiative


An erster Stelle steht die Vorprüfung. Bei dieser muss der gesamte Initiativtext des Anliegens bei der Bundeskanzlei eingereicht werden.

Die Bundeskanzlei eruiert dann, ob die Initiative den Anforderungen der Schlüssigkeit (kein irreführender oder doppeldeutiger Textlaut) und der Vollständigkeit (ausgearbeiteter Vorschlag) erfüllt.

 

Das Initiativkomitee


Nebst diesen Anforderungen gilt es noch weitere Voraussetzungen zu erfüllen, um eine Volksinitiative erfolgreich einreichen zu können.

Bei einer Volksinitiative muss das Komitee zwingend aus mindestens sieben Mitgliedern bestehen.

 

Einhaltung des Völkerrecht


Eine grundlegende Anforderung ist auch, dass die Initiative nicht gegen geltendes Schweizer- oder Völkerrecht verstossen darf.

Zudem müssen die Unterschriftenlisten die vorbehaltlose Rückzugsklausel sowie den Verweis auf das Strafrecht enthalten.

Unterschriften sammeln für die Volksinitiative


Im folgenden beginnt das Sammeln der Unterschriften mittels sogenannter Unterschiftenbögen. Die notwendige Unterschriftenzahl und die Sammelfrist für Unterschriften, damit eine Volksinitiative erfolgreich zu Stande kommt lautet:

Binnen einer Frist von 18 Monaten müssen 100'000 gültige Unterschriften zusammengetragen werden.

 

Gültigkeit der Unterschriften


Hierbei muss auch die sogenannte Stimmrechtsbescheinigung eingeholt werden, welche Betrug verhindern soll. Zu früheren Zeiten kam es somit auch vor, dass einfach Unterschriften von Toten gefälscht wurden, um die benötigte Stimmenzahl zu erreichen. Im Anschluss an die Sammlung überprüft die Bundeskanzlei, ob tatsächlich die erforderliche Anzahl Stimmen zusammengekommen ist. Auf Kantonsebene wird dies von der zuständigen Kantonskanzlei übernommen.

Das Machtwort von Bundesrat und Parlament


Wie entscheidet der Bundesrat und das Parlament zur eingereichten Volksintiative?

Im nachfolgenden beraten sowohl der Bundesrat, als auch die beiden Kammern des Parlamentes (Nationalrat und Ständerat) über die Volksinitiative.

 

Der Gegenvorschlag zur Volksinitiative


Die Bundesräte, die Ständeräte und die Nationalräte haben dabei die Möglichkeit die eingereichte Initiative anzunehmen, sie entweder abzulehnen oder in beiden Fällen auch einen eigenen Gegenvorschlag einzureichen.

Heute darf sowohl für den Gegenvorschlag als auch für die Initiative gestimmt werden (doppeltes Ja).

Abstimmung über die Volksinitiative


Selbst bei einer Ablehnung durch das Parlament handelt es sich formell nur um eine Empfehlung.

Die Entscheidung über die Annahme trägt ganz allein das Volk, welches diese in einer Volksabstimmung beschliesst, oder ablehnt.

In der Regel findet die Abstimmung an der Urne innerhalb von 1-2 Jahren nach Einreichung der Volksinitiative statt. Siehe dazu auch: Alle Abstimmungstermine Schweiz von 2017-2030.

Die Bedeutung der Volksinitiative


Die Bedeutung des Rechts auf Volksinitiativen ist hierzulande sehr hoch anzusiedeln. Die Volksinitiative ist inzwischen ein tragender Eckpfeiler für die direkte Demokratie in der Schweiz.

Dank diesem politischen Instrument hat der Schweizer Bürger die Möglichkeit, direkt auf die Verfassung der Eidgenossenschaft einzuwirken und entscheidende Passagen zu revidieren - zumindest in der Theorie.

Hiervon ausgenommen sind lediglich die Grundrechte, welche unveränderlich in der Verfassung festgeschrieben sind.

JA zur Volksinitiative - Erfolgreiche Initiativen


Allerdings, und dies muss an dieser Stelle eben auch erwähnt werden, sind in der Geschichte der Schweiz bislang nur sehr wenige Initiativen auch angenommen worden.

Seit seit dem Jahr 1891 kamen insgesamt 311 Volksinitiativen zustande. 193 von ihnen erreichten das Stadium der Abstimmung - allerdings wurden lediglich 22 vom Volk angenommen.

Für eine Zustimmung ist nämlich nicht allein die absolute Mehrheit des Volkes, sondern auch die der Stände (Kantone) erforderlich. Mehr zum Thema: Das Ständemehr in der Schweiz.

Dennoch zeigt die Anzahl der Initiativen - wenn auch in mehr als einem Jahrhundert zustande gekommen - dass die Bürger dieses Landes das Recht auf Initiativen breit ausüben.

Kein direkter Einfluss auf die Gesetzgebung


Interessant ist hierbei auch, dass eine Volksinitiative zwar den Wortlaut der Eidgenössischen Verfassung ändern, aber keinen direkten Einfluss auf die Gesetzgebung hat. So kann es unter Umständen dazu kommen, dass Artikel in die Verfassung integriert werden, bei einer genaueren Prüfung aber als nicht konform angesehen werden müssen. Somit wäre die Initiative zwar formell erfolgreich, hätte allerdings dennoch nichts bewirkt, denn der hinzugefügte Passus würde als ungültig erklärt werden müssen.

Ein entsprechendes Gesetz, um der Bürger direkt am Gesetzgebungsverfahren zu beteiligen, die sogenannte Allgemeine Volksinitiative, wurde im Jahre 2003 in die Verfassung aufgenommen - aber bereits im Jahre 2009 durch Volksentscheid wieder gestrichen.

Dies lag darin begründet, dass der bürokratische Aufwand, den Nutzen Weitem überstiegen hätte. Daher erklärte der Nationalrat, dass dieses Gesetz in der Praxis nicht umsetzbar sei. Mit einer Mehrheit von 68,9 Prozent, schlossen sich die Bürger der Meinung des Rates an.

Demokratie vs. Völkerrecht?


Allerdings zeigen sich auch bei der regulären Volksinitiative bereits Probleme. So stellt sich beispielsweise die Frage, in wie weit die Demokratie hinter dem Völkerrecht zurücktreten müsse, oder umgekehrt?

Gerade die jüngsten Initiativen in der Schweiz verdeutlichen dies recht gut - wenn von ihnen kein Menschen- oder Völkerrecht berührt wird. Hier wird von vielen Kritikern inzwischen der Ruf nach einer genaueren Formulierung des Paragrafen für Volksinitiativen laut.

Die Schweizerische Volkspartei lancierte offiziell die SVP-Initiative «Schweizer Recht vor Völkerrecht», welche die internationalen Verträge und das Völkerrecht faktisch abschaffen möchte.

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