«Die Überbevölkerung ist das Problem!» - Afrika vs. Europa

Wutbürger Hass

Sei es die Flüchtlingskrise, seien es Hungersnöte, Umweltkatastrophen oder auch der Klimawandel. Wo auch immer Probleme globalen Ausmasses zur Diskussion stehen, häufen sich Äusserungen, welche die Ursache in der Überbevölkerung sehen. Wie viel ist da dran? Ein Leserkommentar.

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Eins gleich vorweg ...

Wie wollen sie denn die Überbevölkerung angehen?

Denn die ist ja schon da.

Wir (die Menschheit) verbrauchen aktuell rund 70% mehr, als wir dürften.

Wenn die Überbevölkerung das grösste Problem ist und man selber nichts unternehmen will, bevor man das gelöst hat, müssen also Menschen sterben.

Eine ganze Menge.

Jedem, der die Überbevölkerung als das drängendste Problem erachtet, dem steht es frei, sich selbst zu richten* und damit der Überbevölkerung entgegen zu wirken.

Sie wissen es ja selbst: Dies wird nicht passieren.

Denn was diese Leute eigentlich meinen, ist nicht, dass es zu viele von "Uns" gibt ...

... es sind nur zu viele von den "Anderen".

Das können dann zeitweilig ganz unterschiedliche Gruppen sein.

Vom Afrikaner über generell Ausländer bis hin zum politischen Gegner.

Hauptsache, man erwähnt keine Gruppe, die einen selbst einschliesst.

Und wenn doch, dann gehört man darin selbstverständlich zur Ausnahme, weil man selbst ja in Relation nichts ausmacht und man schliesslich ein "Guter" ist.

Ohne Zweifel.

Böse, oder in dem Fall "zu viel", sind eben immer nur die "Anderen".

Da man ja kaum bei sich selbst anfangen will, sollte man vielleicht in Zukunft weniger laut bzw. nur kleinlaut «Überbevölkerung» schimpfen.

Letztlich geht es meiner Meinung nach, da ich Massenmord ablehne, nur über nachhaltigeres Leben und Wirtschaften.

Dies als erster Punkt, den wir so mitnehmen sollten.

* Anmerkung der Redaktion: Für alle, die sich mit Textverständnis und Gesamtkontext schwertun: Es handelt sich selbstverständlich um keinen Aufruf zu suizidalen Taten, sondern um einen überspitzten Seitenhieb an all die Unkenrufer, die bei jeder Gelegenheit "Überbevölkerung" auf andere schimpfen und nicht merken, dass sie damit ebenfalls gemeint sind. Die sich dann aber selbst über das Leben anderer Menschen stellen und sich grosszügig davon ausnehmen. Man kann keine Kritik an der Überbevölkerung äussern und sich gleichzeitig nicht in diese Kritik miteinbeziehen. Sollte eigentlich klar sein.

 

Wie viel ist zu viel?

Dann bleibt noch die Frage zu klären, was denn "zu viel" ist.

Ist das eine spezifische Menge?

Muss man sagen ab 6 Milliarden ist genug?

Boot voll?

Mehr geht nicht?

Ich lehne mich mal etwas weit aus dem Fenster und unternehme den Versuch einer Definition für "zu viel".

Zu viel ist, was mit vorhandenen Ressourcen nicht längerfristig tragbar ist.

Dabei miterwähnen möchte ich, dass dies heute bereits der Fall ist.

Ohne Änderung ist die Welt aktuell überbevölkert.

Es sind nicht genug Ressourcen vorhanden, um den Status Quo und das Bevölkerungswachstum zu stemmen.

 

Ist die Überbevölkerung Gift?

Der Spruch die "Menge macht das Gift" trifft hier also durchaus zu.

ABER...

Weil es eben nunmal auch wahr ist: "Gift macht das Gift".

Also ist eben nicht nur die Menge einer Substanz für seine Toxizität entscheidend, sondern auch die Art der Substanz.

Umgewälzt auf die Frage der Überbevölkerung bedeutet dies, dass wir mit der aktuellen Zusammensetzung an Lebensstilen eine Überbevölkerung haben.

Um dies zu verdeutlichen habe ich mich hier für den ökologischen Fussabdruck entschieden.

Die verwendeten Daten stammen vom Global Footprint Network.

Dabei wird für die verschiedenen Ressourcen eine Menge errechnet, die der Planet regenerieren kann.

Also die Maximalmenge, die man weltweit nutzen, produzieren oder verbrauchen darf, damit es nachhaltig bleibt.

Diese Menge rechnet man durch Anzahl Personen und weiss dann, wie viel jedem Menschen davon zustehen würde.

Dieser Zahl wird anschliessend der reale Verbrauch gegenüber gestellt.

Aufgerechnet auf Land oder Region.

Miteinbezogen wird dann allerdings auch, was dieses Land oder diese Region hergibt.

Wenn ein Land beispielsweise mehr Agrarfläche zur Verfügung stellt, als es rein rechnerisch müsste, wird dies mit gegengerechnet.

So viel zur Theorie...

Dies war recht oberflächlich zusammengefasst, wer es genauer wissen will, das Global Footprint Network stellt nicht nur die Daten zur Verfügung, sondern auch Informationen, wie diese Daten zusammenkommen und zu verstehen sind.

 

Europa vs. Afrika nachgerechnet

Sieht man sich die Zahlen genauer an, muss man sagen...

Europa verbraucht rund 210% dessen, was Afrika an Ressourcen verbraucht.

Es leben rund 742 Millionen Menschen in Europa, aber etwa 1,216 Milliarden Menschen in Afrika.

Dies bedeutet, dass der Durchschnittseuropäer 3,5 mal mehr Ressourcen verbraucht als der Durchschnittsafrikaner.

Oder aber, dass Europa heute so viele Ressourcen verbraucht, wie es ein 2,5-Milliarden-Afrika tun würde.


Die Population Afrikas dürfte sich also noch verdoppeln, bevor der Europäer mahnend den Finger heben darf.
 

Das Problem ist also nicht die Menge der Menschen an und für sich.

Der Durchschnittseuropäer schmeisst gleich viele Lebensmittel weg, wie der Durchschnittsafrikaner zu sich nimmt.

Würden alle Menschen so "ökologisch" leben wie der Durchschnittsafrikaner, wäre auch eine Population von 12 Milliarden Menschen nachhaltig machbar.

Das Problem ist also nicht die Menge an sich.

Das Problem wird es erst, wenn jetzt plötzlich jeder unseren Lebensstandard erreicht.

Denn schon heute ist die globale Gemeinschaft nicht nachhaltig unterwegs.

Schon heute verbraucht die Menschheit rund 70% mehr, als der Planet regenerieren kann.

Aber eben nicht, weil es grundsätzlich zu viele Menschen gibt.

Sondern weil zu viele Menschen so verschwenderisch und unbedacht leben wie wir Europäer.

Am 9. Februar erreicht mit Katar dieses Jahr das erste Land den Country Overshoot Day.

Also den Tag, an dem das Land alle Rohstoffe aufgebraucht hat, die ihm in Gegenrechnung der eigenen Produktion pro Kopf zur Verfügung stehen würde.

Ein trauriger Tag.

Ein denkwürdiger Tag, den die Schweiz dieses Jahr bereits am 7. Mai erreicht.


«Diese Gutmenschen sollen die Flüchtlinge bei sich zuhause aufnehmen und selber finanzieren!»

Ich sag's mal so...


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(Last updated: 10.02.2019, 13:35)