Chronologie Affäre Libyen vs. Schweiz





Chronologie Schweiz Libyen Krise

Rachid HamdaniEine Auflistung und chronologische Zusammenfassung der Ereignisse in der Affäre Schweiz vs. Libyen rund um die zwei Schweizer Geschäftsleute Rachid Hamdani und Max Göldi sowie Präsidentensohn Hannibal Ghadhafi.


  • Die Affäre und Krise zwischen Libyen und der Schweiz begann am 19. Juli 2008, als in Libyen die zwei Schweizer Geschäftsleute Rachid Hamdani und Max Göldi wegen Verstösse gegen die Einwanderungsbestimmungen und wegen angeblichen Verstoss gegen andere Gesetze festgenommen wurden. Diese Festnahme und Ausreiseverweigerung der zwei Geschäftsleute aus der Schweiz kann als Vergeltungsmassnahme gedeutet werden, weil zuvor in Genf der Sohn vom libyschen Revolutionsführer Ghadhafi, Hannibal Ghadhafi, von den Genfer Behörden festgenommen wurde. Die Festnahme von Hannibal Ghadhafi erfolgte aufgrund des Verdachts von Misshandlung zweier Hausangestellten. Als daraufhin die Genfer Presse ein Gefangenen Foto von Hannibal Ghadhafi veröffentlichte, lässt dieser Umstand die Angelegenheit eskalieren.
  • Von August bis Oktober 2008 wartet Libyen erfolglos auf eine offizielle Entschuldigung der Schweiz, auf die Libyen hartnäckig besteht. In der Folge dürfen die zwei in Libyen festgehaltenen Schweizer Rachid Hamdani und Max Göldi nicht mehr aus Libyen ausreisen.
  • Ab Mitte Oktober 2008 fordern Libyen und das Ehepaar Ghadhafi mit einer Zivilklage Schadenersatz und Genugtuung in der Höhe von einer halben Million Schweizer Franken vom Kanton Genf.
  • Im Sommer 2009 gelangt der Revolutionsführer von Libyen, Ghadhafi, mit einer bizarren Forderung an die Öffentlichkeit. Man solle die Schweiz unter den umliegenden Ländern aufteilen. In der Folge verschärfte die Schweiz die Visumbestimmungen für Libyen.
  • Am 20. August 2009 reist der damalige Bundespräsident Hans-Rudolf Merz ohne Absprache mit dem Gesamtbundesrat und auf eigene Initiative hin nach Tripolis, Libyen, zum Revolutionsführer Ghadhafi und entschuldigt sich im Namen der Schweiz für die Festnahme von Hannibal Ghadhafi. Es folgt eine beidseitige Vereinbarung, in der die Wiederherstellung der bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und Libyen beschlossen werden. Ausserdem einigen sich Merz und Libyen über eine Einsetzung eines Schiedsgerichts. Laut Wortlaut von Bundespräsident Merz verspricht Libyen im Gegenzug, dass die zwei festgenommenen Geschäftsleute aus der Schweiz, Rachid Hamdani und Max Göldi, bis zum Monatsende auf freien Fuss seien und in die Schweiz ausreisen könnten.
  • Der 4. November 2009 verstreicht, ohne dass Libyen auf die vereinbarten Verpflichtungen eingeht. Also beschliesst der Schweizer Bundesrat, das Abkommen zwischen Merz und Lybien vom 20. August 2009 zu sistieren.
  • Am 1. Dezember 2009 werden die zwei Schweizer Geschäftsleute Max Göldi und Rachid Hamdani in Libyen zu 16 Monaten Haft und einer Busse verurteilt. Grund ist eine Verletzung der Visa Bestimmungen.
  • Zwischen dem 31. Januar und 11. Februar 2010 behandelt ein Gericht in Tripolis die Angelegenheit und spricht schliesslich einen der zwei Geschäftsleute, Rachid Hamdani, vom Vorwurf des illegalen Aufenthalts in Libyen frei. Der zweite festgehaltene Schweizer Max Göldi erfährt vom libyschen Gericht eine Reduzierung der Haft Dauer auf vier Monate.
  • Am 15. Februar 2010 droht die Affäre erneut zu eskalieren. Denn Libyen verweigert allen Bürgern von Schengen Staaten die Einreise in Libyen. Quasi als Kollektivstrafe. Denn die offizielle libysche Begründung für die umfassende Einreise Verweigerung ist eine Antwort auf die Visa Restriktion der Schweiz.
  • Die neueste Entwicklung nimmt allmählich bizarre Züge an. Der langjährige Revolutionsführer Libyen Ghadhafi ruft den Dschihad gegen die Schweiz aus. Damit fordert Ghadhafi alle Muslime in der Welt auf, Krieg gegen die Ungläubigen aus der Schweiz zu führen. Zahlreiche Experten des Islam entgegnen auf Anfrage aber, dass Ghadhafi in seiner Position gar nicht das Recht besässe, einen Dschihad für die muslimische Welt auszurufen.
  • 27. März 2010. Der Nahost Experte Arnold Hottinger glaubt nicht an eine schnelle Freilassung von Max Göldi. Es hänge alles von der Laune des libyschen Führeres Ghadhafi ab. Es sei sehr gut möglich, dass Max Göldi die gesamte Strafe absitzen müsse. Der libysche Anwalt der Schweizer Geisel Max Göldi, zweifelt ebenfalls an einer vorzeitigen Freilassung von max Göldi. Am Rande des Gipfels der Arabischen Liga liess der Aussenminister von Libyen, Moussa Koussa, verlauten, dass sich Libyen in den nächsten Tagen zur Schengen-Visa Affäre äussern werde.
  • Am Samstag, dem 27. März 2010, hebt Libyen gemäß einem hochrangigen libyschen Regierungsvertreter die Einreisesperre für europäische Bürger aus dem Schengenraum auf. Bereits kurz zuvor gab der spanische EU Ratspräsident offiziell bekannt, dass alle Libyer aus der schwarzen Liste Informationssystems für Schengen gestrichen wurden. Des Weiteren drückte Spanien im Namen der EU sein Bedauern aus, für all die Unannehmlichkeiten, welche die libyschen Bürger aufgrund der Visa-Sperre hätten erleiden müssen. Auch betont die EU, dass die Visa Einreisesperre für Libyen von einem Schengenland iniziiert wurde, das nicht einmal Mitglied der Europäischen Union sei. Deshalb sei die EU laut EU Aussenministerium auch in keinerlei Weise an der Visa Einreisesperre für libysche Bürger beteiligt. Damit hat sich das einzige Druckmittel in der Schweiz - Libyen Affäre und rund um die Freilassung von Max Göldi in Luft aufgelöst. Nachdem die Schweiz mehr als 150 prominente Libyer auf eine schwarze Schengen Liste gesetzt hatte, hat Tripolis als Reaktion mehrere Wochen keine Visa mehr für Bürger aus der EU ausgestellt. Ghadhafi und Libyen sehen sich als Sieger in der Schweiz vs. Libyen Affäre.
  • Am späten Abend des 27. März 2010 verteidigt das Aussendepartement der Schweiz, in einer ersten Reaktion auf die Entschuldigung der EU für das Verhalten der Schweiz gegenüber Libyen, die nun aufgehobenen Visarestriktionen gegen libysche Bürger. Das Departement der Bundesrätin Micheline Calmy-Rey erklärte, in dieser Angelegenheit rechtsfonform gehandelt zu haben. Das Eidgenössische Departement für Auswärtige Angelegenheiten (EDA) betont, dass die Einreisesperre für Bürger der libyschen Elite im Einklang mit den Regeln für Schengen erhoben wurde. Dies als Reaktion auf die völkerrechtswidrige Entführung zweier Schweizer Bürger. Die Visarestriktionen und Einreiseverbote seien «aus Gründen der öffentlichen und nationalen Sicherheit» erfolgt.
  • Am 28. März 2010 schaltet sich der deutsche Aussenminister Guiido Westerwelle in die Libyen Krise ein und fordert in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag»: «Libyen muss Göldi freilassen, und zwar unverzüglich».
  • Ebenfalls am 28. März 2010 wird bekannt, dass sich die Haftbedingungen für den in Libyen festgehaltenen Schweizer Max Göldi massiv verschlechtern. Der libysche Anwalt von Max Göldi, Salah Zahaf, teilte mit, dass der ehemalige Länderchef der ABB am 27. März 2010 verlegt worden sei. Die neue Gefängniszelle von Max Göldi weist keine Fenster auf und auch warmes Wasser gibt es keines.
  • Die Bundesrätin Micheline Calmy-Rey reagiert gemäß der «Mittelland Zeitung» auf die öffentliche Rücktrittsforderung von CVP Nationalrätin Kathy Riklin wie folgt. Es wäre der grösste Erfolg für Libyen, wenn man die Schweizer Bevölkerung spalten könne. «Frau Riklin macht sich zur Verbündeten der libyschen Behörden. Ich bedaure dies zutiefst.» Auch Kathy Riklins eigener CVP Parteichef Christophe Darbellay bezeichnet Riklin als «schlicht und einfach profilierungssüchtig». (3. April 2010)
  • Die CVP Nationalrätin Kathy Riklin doppelt am 4. April 2010 trotz herber Kritik, auch parteiinterner, mit einer erneuter Rücktrittsforderung an die Adresse von Aussenministerin Micheline Calmy-Rey nach. So lässt Kathy Riklin verlauten, dass die Politik von Bundesrätin Micheline Calmy-Rey in der Libyen Krise die Abneigung in der Schweiz gegen muslimische Staaten verstärke und sie mit ihrere Vorgehensweise auch die Isolation der Schweiz in Europa weiter fördere.
  • Am 10. Juni 2010 wird die Geisel Max Gödli aus dem Gefängnis in Libyen entlassen. Eine Erlaubnis zur Ausreise von Göldi liegt indessen aber nicht vor. Vorderhand darf Max Göldi Libyen nicht verlassen.
  • Am 12. Juni 2010 bekommt Max Göldi von den libyschen Behörden seinen Pass ausgehändigt. Unterdessen reist die Aussenministerin Calmy-Rey in die spanischer Hauptstadt Madrid. Sie trifft sich dort mit dem Ratspräsidenten der EU und Aussenminister Spaniens Miguel Angel Moratinos, um das weitere Vorgehen in der Libyen-Affäre zu besprechen.
  • Am 13. Juni 2010 am Nachmittag unterzeichnen die beiden Länder Libyen und Schweiz, vertreten durch den libyschen Aussenminister Moussa Koussa und Bundesrätin Micheline Calmy-Rey, ein Abkommen zwischen den beiden Ländern hinsichtlich der bilateralen Beziehungen. Die Aussenministerin der Schweiz entschuldigt sich derweil beim libyschen Präsidenten Gaddafi für die Publizierung der Polizeifotos seines Sohnes Hannibal Gaddafi.
  • Am 13. Juni 2010 kann Max Göldi die Hauptstadt Libyens, Tripolis, spät am Abend mit einem Linienflugzeug hinter sich lassen. Das Flugzeug landet in Tunis, wo die Rückreise anschliessend mit einem Militärflugzeug von Spanien fortgesetzt wird.
  • Max Göldi reist zusammen mit der Bundesrätin Micheline Calmy-Rey zurück in die Schweiz nach Zürich. Am 14. Juni 2010 morgens um 01:27 Uhr landet das Flugzeug mit Max Göldi als freier Mann auf dem Flughafen Kloten in Zürich.
  • Am 15. Juni 2010 liegt die offizielle Bestätigung des Aussendepartements EDA vor, dass die Schweiz Geld nach Libyen überwiesen hat, um die Entlassung von Max Göldi aus dem Gefängnis zu erreichen. Laut EDA überwies die Schweiz dabei insgesamt 1,5 Millionen Schweizer Franken auf ein Bankkonto in Deutschland. Die Geldsumme dient als Entschädigung für die Veröffentlichung der Polizeifotos des verhafteten Präsidentensohnes Hannibal Gaddafi durch die Genfer Zeitung «Tribune de Genève».
  • Am 03. Dezember 2010 werden der mittlerweile abgetretene Bundesrat Merz und die Aussenministerin Calmy-Rey von der Geschäftsprüfungskommission des Schweizer Ständerates in einem Bericht gerügt. Die GPK kritisiert, dass die Bundesräte Calmy-Rey und Merz ihre bundesrätlichen Kompetenzen in der Libyen-Affäre klar überschritten haben. Unter anderem richtet sich die Kritik bei Merz auf die Tatsache, dass der Finanzminister den Gesamtbundesrat nicht über seine Reise nach Libyen orientierte. Bundesrätin Calmy-Rey wird indessen vorgeworfen, mit den Massnahmen und Planungen für eine militärische Befreiung der beiden Geiseln Rahcid Hamdani und Max Göldi ihre Kompetenzen als Aussenministerin überschritten zu haben. Da zu jenem Zeitpunkt kein entsprechender Beschluss des Bundesrates vorlag.