Legendäres Bankkundengeheimnis Schweiz - Bedeutung

Es hiess einmal: „Die Schweiz hat keine Banken, sie ist eine Bank“.

Das mag übertrieben sein - feststeht aber, dass die Banken in den Gründerzeiten der Eidgenossenschaft, als das Land vom Agrarstaat in Richtung Industriestaat ging, Entwicklungsmotoren waren:

Inhalt:

 
 

Das Bankgeheimnis - Der Dorn im Auge


Entstehung: Während die Familie Sarasin in Basel eine Privatbank gründeten, um das Kapital für die Chemieindustrie und die Seidenbandherstellung bereitzustellen, gründete Alfred Escher in Zürich die Schweizerische Kreditanstalt SKA, um den Gotthardtunnel und die Schweizer Eisenbahn zu finanzieren. Beseelt vom calvinistischen Geist der Stadt Genf erfanden die Pictets, Lombards oder Odiers die Fine art of Swiss banking: Vertragstreue, Diskretion, Fleiss und Sparsamkeit waren die moralischen Konstanten. Auch 1935, als das weltberühmte Schweizer Bankgeheimnis etabliert wurde.

Wortlaut: Das Bank- oder besser Bankkundengeheimnis war eine feste, unumstössliche Grösse. Es heisst darin wörtlich:

„Wer ein Geheimnis offenbart, das ihm als Organ, Angestellter oder Liquidator einer Bank anvertraut worden ist, wer zu einer solchen Verletzung des Berufsgeheimnisses zu verleiten sucht, wird mit Gefängnis oder mit Busse bestraft“.

So sassen in den Führungsetagen der renommierten Geldhäuser noch in den 1970er Jahren die Exponenten einer strahlenden Schweizer Zukunft. Sie hatten die Alpenrepublik in die Weltliga der Top-Finanzplätze geführt und dabei die genannten berufsethischen Verpflichtungen unbeirrt hochgehalten.

Und heute? Die alten Banker unterlagen im Kampf gegen die Shareholder-Value-Fetischisten, denen ihre persönlichen Millioneneinkommen über alles gingen. Die riesige UBS entstand aus der Verschmelzung von SGB und Schweizer Bankenverein. Danach öffneten sich Tür und Tor dem angelsächsisch ausgerichteten, von Dollargier getriebenen Wall-Street-Bankstern.

Angelsächsische Ausrichtung: Diese angelsächsische Ausrichtung tangiert auch das Schweizer Bankgeheimnis. Moralvorstellungen gingen verloren und so sind Steuerstreitigkeiten mit den USA und der Verkauf illegaler Datenträger in das Ausland derzeit geeignet, eine grundsätzliche Diskussion um das Bankkundengeheimnis zu führen. Denn die geschützte Privatsphäre von Bankkunden ist ausländischen Partnern ein Dorn im Auge.


 

Die Details des Bankkundengeheimnis


Diskretion ist das A und O: Absolute Verschwiegenheit bildet den Kern des schweizerischen Bankkundengeheimnisses. Diese bezieht sich auf sämtliche Bankbeziehungen wie existierende Konten oder Daten zu Kunden und deren Transaktionen.

Allgemeines vs. Steuerliches Bankgeheimnis: Dabei gibt es einen Unterschied zwischen dem allgemeinen Schweizer Bankkundengeheimnis und dem steuerlichen Bankgeheimnis: Während das allgemeine Bankkundengeheimnis relativ unumstritten ist, tobt die Diskussion um das steuerliche Geheimnis.


 

Das steuerliche Bankkundengeheimnis


Steuergeheimnis: Das steuerliche Bankkundengeheimnis der Schweiz soll verhindern, dass vermeintlich befugte Behörden Zugriff auf Bank-Informationen zu Steuerpflichtigen bekommen. Davon sind allerdings genau bezeichnete Steuerarten und Behörden ausgenommen: Dem Schweizer Staat stehen Informationen zu einigen Steuerarten, beispielsweise der Mehrwertsteuer, zu.

Kein Zugriff durch die Behörden: Die Kantone erhalten keinerlei Daten zu direkten Steuern, beispielsweise zur Einkommenssteuer. Somit gilt das steuerliche Bankgeheimnis in erster Linie den Kantonen gegenüber.

Folgen bei Verstoss: Bei Verstössen drohen Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis zu 3 Jahren.


 

Die Verrechnungssteuer auf ausländische Zinserträge


Steuer auf inländische Zinserträge: Innerhalb der Eidgenossenschaft soll eine Verrechnungssteuer für die ordnungsgemässe Versteuerung privater Vermögen sorgen, ohne das Bankkundengeheimnis zu tangieren. Die Verrechnungssteuer wird auf inländische Zinserträge von Darlehen, Konti, Obligationen und Aktien erhoben. Deklariert der Besitzer genannte Vermögenswerte auf seiner Steuererklärung, bekommt er die im Voraus abgezogene Steuer zurückerstattet.

Zinssatz: Deren Satz liegt mit 35 Prozent deutlich über dem europäischen Durchschnitt. Mehr zum Thema: Verrechnungssteuer.

Staaten mit Bankgeheimnis: Vergleichbare Bankkundengeheimnisse gibt es neben der Schweiz auch in Belgien, Luxemburg, Liechtenstein, Monaco, Österreich, auf den Kanalinseln und selbst in einigen Staaten der USA.


 

Kritik – Druck - Angriff


Schwarzgeld: Das Schweizer Bankkundengeheimnis hat unmittelbare Auswirkungen auf die immensen internationalen Verflechtungen der Schweizer Banken. Beständig wird kritisiert, dass Vermögen und Einkommen vor den Steuerbehörden verborgen werden können. Die Mengenangaben zum Schwarzgeld sind diffus und rangieren zwischen 10 und 80 Prozent.

Amtshilfe: Aufgrund erheblichen Drucks vonseiten der OECD und der G-20 hat die Schweiz den OECD-Amtshilfestandard in Steuersachen übernommen. Auf dieser Basis leistet die Schweiz Amtshilfe in Steuerdelikten - Steuerhinterziehung inbegriffen.

Angriff auf Bankgeheimnis: Aber gerade das ist ein Verstoss gegen das Bankkundengeheimnis. Denn das Bankgeheimnis kann einzig und allein bei Verdacht auf gezielten Steuerbetrug aufgehoben werden. Daraus erklärt sich auch die restriktive Handhabung durch die Schweiz, die Amtshilfeersuchen aus dem Ausland nur in begründeten Einzelfällen gewährt – was im Ausland wiederum auf Missfallen stösst. Ausdruck dessen sind die entgeltlichen Ankäufe diverser Datenträger durch Deutschland, die USA, Frankreich und Italien, die als Angriffe auf das Schweizer Bankgeheimnis angesehen werden können.

Gestohlene Daten: Allerdings reagierte die Schweizer Regierung mit einer Ausdehnung der Steueramtshilfe, die auch gestohlene Daten berücksichtigt. Bankkunden erhalten dabei keinerlei Vorinformationen, die Beschwerdemöglichkeiten begründen könnten.

Schwarze Liste: Neben juristischen Problemen belastet eine sogenannte schwarze Liste der G-20 den Schweizer Finanzplatz. In dieser Liste sind sämtliche Länder mit allzu lockerer Finanzmarktgestaltung aufgeführt.

Isolation: Auch dem Bankgeheimnis wird eine Schuld zugewiesen, würden schweizerische Geldhäuser auf dieser Liste auftauchen. Ausländische Banken würden infolge dessen nicht mehr mit ihnen kooperieren.
Die Schweizer Banken wären vollkommen isoliert.


 

Ein Ausblick: Steuerdeals, Finanzplatz und Bankgeheimnis


Künftige Anpassungen: Mit den Vereinigten Staaten (USA) gab es inzwischen einen Steuerdeal, mit der OECD steht man in Verhandlungen. Nichtsdestotrotz muss die Eidgenossenschaft ihr System des Bankgeheimnisses anpassen, um den Wert des Finanzplatzes Schweiz zu erhalten.

Heisse Debatte: Innerhalb der Alpenrepublik reicht die politische Diskussion von der absoluten Aufhebung des Bankgeheimnisses über einen automatischen Informationsaustausch bis hin zur uneingeschränkten Beibehaltung des verfassungsmässigen Bankgeheimnisses.

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(Last updated: 23.07.2015, 15:33 Uhr)