6-Stunden-Arbeitstag in Schweden: Gleicher Lohn, Krankenstand sinkt

Schweden verkürzt landesweit im Gesundheits- und Sozialsektor den Arbeitstag auf 6 Stunden - bei gleichem Lohn. Ergebnis: Die Produktivität und Qualität steigen, währenddessen der Krankenstand sinkt.

In der Schweiz will die rechts-nationale Mehrheit im Parlament derweil den umgekehrten Weg gehen und auf Drängen von SVP, FDP und SGV die 50-Stunden-Arbeitswoche einführen.


Zeit Sanduhr Stunden Minuten

 


Das skandinavische Land scheint im Gegensatz zu anderen Ländern in Europa einen nachhaltigeren Umgang mit dem Personal zu pflegen. Die Schweden halten nichts von der viel und oft propagierten "Flexibilisierung" der Arbeitszeiten: Länger arbeiten, höheres Rentenalter, weniger Pausen, kürzere Ruhezeiten und so weiter. Schweden sagt Nein und führt den 6-Stunden-Tag zum gleichen Lohn ein. Zur Zeit laufen in ganz Schweden, hauptsächlich in Krankenhäusern und im Sozialsektor, Versuche mit dem 6-Stunden-Arbeitstag in der Praxis, wie die «Taz» berichtet. Damit haben die Skandinavier bislang gute Erfahrungen gemacht.

So beispielsweise im Sahlgrenska-Uni-Krankenhaus in Göteborg, das mangels Personal, hohem Krankenstand, hoher Fluktuation und trotz zusätzlicher Lohnanreize was Neues ausprobieren musste. Inspiration holte man sich unter anderem beim Toyota-Autohaus in der Nähe, das bereits Jahre zuvor die Arbeitszeit der Angestellten verkürzt hatte. Ganz einfach weil die Arbeitgeber merkten, dass die Angestellten in sechs Stunden Arbeit genau gleich viel leisteten wie zuvor in acht Stunden. Eigentlich sogar noch ein wenig mehr. «Wir sind zwar keine Autofabrik», sagt Gesundheitsmanagerin Marina Henriksson. Doch sie führten einen sechsstündigen Arbeitstag ein, um längere Öffnungszeiten und zufriedene Mitarbeiter zu haben.

Die Arbeitswoche beträgt 32 Stunden pro Woche. Das sind fünf Arbeitseinsätze zu je fünf Arbeitsstunden sowie zwei Stunden pro Woche für Weiterbildung und Entwicklung.


35 statt 42-Stunden-Woche
bei gleichem Lohn soll in der
Schweiz neue Arbeitsplätze schaffen

Die 42-Stunden-Woche hat ausgedient.
An ihre Stelle soll die 35-Stunden-Woche
treten. Und zwar ohne eine Reduktion
der kleinen und mittleren Einkommen.
 

OP-Schwester Gabriele Tikman erzählt gegenüber «Vårdförbundet», dass ihr Arbeitstag nun um 13 Uhr ende. Das bedeute, «den ganzen Nachmittag freihaben, Zeit für den Garten, ohne Stress einkaufen, zu Hause sein, wenn die Tochter von der Schule kommt».

Aufgrund der positiven Erfahrungen hat das Spital einen auf ein Jahr beschränkten Feldversuch mit dem neu eingeführten Sechsstundentag unterdessen mehrere Male wieder verlängert. Nun sieht es stark danach aus, dass der 6-Stunden-Tag zum Dauerzustand wird. Denn das Resultat lässt tief blicken: Mit über +15% mehr Personal, das sich nun endlich finden liess, konnte die Produktivität sogar gesteigert werden. Die Orthopäden des Sahlgrenska-Uni-Spitals können unterdessen einen Fünftel mehr Operationen durchführen als zuvor. Die Operationssääle haben täglich bis halb sieben Uhr abends offen statt wie bis anhin bis vier Uhr nachmittags. Davon profitieren auch die Patientinnen und Patienten, deren Wartezeiten deutlich verkürzt worden sind. Insgesamt habe das Krankenhaus seine "Wirtschaftlichkeit" erhöht.

Ein weiterer Versuch läuft derzeit in einem kommunalen Altenheim in Göteborg. 70 Angestellte profitieren dort von der 6-Stunden-Woche. Resultat: Der Krankenstand beim Personal sank um -20%, «während er in vergleichbaren Einrichtungen im gleichen Zeitraum um 10 Prozent anstieg«. Die Beschäftigten seien weniger gestresst, zufriedener und ausgeruhter. Auch die Bewohner des Altenheims fühlten sich besser versorgt, die Angestellten hätten nun mehr Zeit für einzelne Bewohner und Aktivitäten.

Das schreiben andere:
Sechs Stunden am Tag sind genug (Tageszeitung)
Gabriele jobbar 6 timmar (Vårdförbundet)

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(Last updated: 03.01.2018, 10:56)