DIE HELVETISCHE REPUBLIK

Die Helvetische Republik löste am 12.04.1798 die Alte Eidgenossenschaft (Ancien Régime) als schweizerisches Staatswesen zur Zeit der Helvetik-Epoche ab (1798-1803).

Eine Zeit geprägt von Bürgerkrieg, Invasion, Besetzung, Plünderung und antihelvetischem Widerstand.

Die Hauptstädte der Helvetischen Republik waren der Reihe nach Aarau (bis September 1798), Luzern (bis Mai 1799) und Bern (bis zur Auflösung am 10.03.1803).

 


Inhalte:

Die Helvetische Republik 
 

Die Helvetische Republik


Die Helvetische Republik (auf französisch: République helvétique; auf italienisch: Repubblica elvetica) war die offizielle Bezeichnung des neuen Staatswesens. Sie löste die Alte Eidgenossenschaft ab, den wahren Ursprung der Schweiz. Das Staatsoberhaupt der Republik war der Landammann.

Einwohner:

Die Bevölkerung resp. die Einwohnerzahl der Helvetischen Republik lag im Jahr 1800 bei 1'493'726 Einwohnern. Zum Vergleich: Die Schweiz zählt heute 8'325'200 Einwohner.

Staatsgebiet:

Das helvetische Staatsgebiet umfasste damals einen grossen Teil der heutigen Schweiz. Später hinzu gekommen sind Rätien (heute Graubünden) am 21.04.1799 und das ehemals vorderösterreichische Fricktal.

Nicht dabei:

Genf und das preussische Fürstentum Neuenburg waren nie Teil der Helvetischen Republik. Die Untertanengebiete der Drei Bünde im Veltlin schlossen sich mithilfe von Frankreich lieber der Cisalpinischen Republik an, was für die Schweiz ein herber Gebietsverlust bedeutete.

Auch das Wallis wandte sich damals von der Helvetischen Republik ab und wurde am 27.08.1802 in die Unabhängigkeit entlassen.

Die Helvetische Republik - Karte 
 

Der Sturz der Alten Eidgenossenschaft

Napoleon Bonaparte au Pont d’arcole

Für die Gründung der Helvetischen Republik war in grossen Teilen Frankreich verantwortlich. Aus strategischem Interesse. Napoleon Bonaparte strebte eine Systemumwälzung nach Vorbild der französischen Republik vor. Er befand die Gelegenheit für ideal, da innerhalb der Eidgenossenschaft grosse Unstimmigkeiten herrschten.

Als einer der ersten Schritte hin zum Umsturz der Alten Eidgenossenschaft erzwang Frankreich 1797 die Abspaltung der Bündner Untertanengebiete und deren Anschluss an die Cisalpinische Republik.

Die Eidgenossen mussten diesen grossen Gebietsverlust zähneknirschend hinnehmen.

Einmarsch in die Schweiz

Im Dezember 1797 liess Napoleon seine Truppen im Fürstbistum Basel die südlichen Teile des Bistums besetzen. Der nördliche Teil war bereits seit 1792 annektiert. Napoleons mittelfristiger Plan war es, in der Alten Eidgenossenschaft eine Revolution anzuzetteln und Reformkräfte zu unterstützen. Dabei machte er sich auch den fortschreitenden Unmut in der Bevölkerung zwischen Stadt und Land zunutze.

Helvetische Revolution

Der Franzoseneinfall:

Die Revolutionäre Kräfte erklärten Anfang 1798 zusammen mit den Franzosen (siehe: Franzoseneinfall; franz. Campagne d'Helvétie) der Alten Eidgenossenschaft den Krieg. Vom Bistum Basel und der Waadt aus, dem damaligen Untertanengebiet Berns, sprang die Revolution rasch auf weitere Orte über. Am 24. Januar wurde schliesslich auf dem Gebiet des heutigen Kanton Waadt die Lemanische Republik (später Kanton Léman) ausgerufen. Diese sendete daraufhin erwartungsgemäss ein Hilfegesuch an Frankreich.

Worauf Napoleon 12'000 Mann starke Invasionstruppen einmarschieren liess.

Die Eroberung:

Von der Waadt und vom Norden Basels her rückten Napoleons Soldaten Richtung Freiburg und Bern vor. Als sich die Berner der Aufforderung der Franzosen widersetzten, die Regierungsgewalt der Reformpartei zu übergeben, nutzte Napoleon dies als Kriegsgrund. Nach siegreichen militärischen Kampfhandlungen in Lengnau, Grenchen und im Ruhsel besetzten die Franzosen Freiburg. Einen Tag später gaben die solothurnischen Truppen auf und die Berner Truppen wurden bei Gefechten rund um den Schweizer Pass Col de la Croix zwischen Bex und Les Diablerets zum Rückzug gezwungen, um die Stadtverteidigung Berns zu priorisieren.

Obwohl die Berner Regierung angesichts der französischen Übermacht freiwillig zurücktrat, lehnte Bern die militärische Kapitulation ab. Es kam zu weiteren Gefechten bei St. Niklaus, Fraubrunnen und Neuenegg, was schliesslich in die entscheidende Schlacht am Grauholz mündete. Noch am selben Tag kapitulierte die Stadt Bern offiziell. Tags darauf eroberten die Franzosen Freiburg und Murten.

Die französischen Soldaten besetzten und plünderten die Kantone Freiburg, Solothurn und Bern.

Die Kriegsbeute:

20'000 Berner Truppen standen 35'000 französische Soldaten gegenüber.

Als Zeichen ihres Triumphs plünderten die Franzosen die Berner Staatskasse, führten eine Kriegssteuer ein, entführten die Bären des Berner Bärengrabens und brachten sie in ihre Hauptstadt Paris. Zugleich fand ein grundlegender Umbau der politischen und wirtschaftlichen Strukturen statt.

 

Neue Verfassung für die Republik


Die neuen Gebiete resp. die Helvetische Republik erhielten eine neue Verfassung verpasst. Diese sah einen spürbaren Bedeutungsverlust der bis anhin souveränen Kantone vor. Doch diese Kantone verkamen durch die helvetische Verfassung zu reinen Verwaltungsorten ohne Staatsgewalt.

Bei der Konstituierung des neuen helvetischen Staatswesens glänzten die Kantone der Innerschweiz und Ostschweiz allerdings durch Abwesenheit.

Antihelvetischer Widerstand:

Die Urkantone Schwyz, Uri, Nidwalden sowie die Kantone Glarus und Zug lehnten die neue Verfassung vehement ab. Vielmehr gingen sie sogar selber zum antihelvetischen Angriff über und stellten ihrerseits rund 10'000 Mann starke Truppen auf. Am 21. April 1798 starteten die Eidgenössischen Soldaten unter dem Kommando von Alois von Reding die Gegenoffensive. Von drei Seiten (Achsen) griffen die eidgenössischen Truppen Reformkräfte und die Besatzungsmacht Frankreich an. Dabei gelang es den Eidgenossen anfänglich zwar Rapperswil und die Stadt Luzern zurück zu erobern.

Der erhoffte Erfolg des Kriegszuges blieb aber aus. Bereits kurz nach Beginn der Offensive wandelte sich die Kriegstaktik der Eidgenossen rasch und notgedrungen von Angriff in die Defensive um.

Frankreichs Gegenoffensive:

Nach der Kapitulation der Zuger Truppen ging es den Schwyzern ans Existenzielle, es galt nun zumindest die eigenen Stammlande zu verteidigen. Die Franzosen wiederum kamen gut mit ihrer Gegenoffensive beidseits des Zürichsees voran und sicherten sich am anderen Ende des Sees Rapperswil. Die Glarner Truppen zogen sich angesichts der drohenden Niederlage in Richtung Glarus zurück. Am 30. April 1798 kam es dann zur Schlacht bei Wollerau. Die eidgenössischen Befehlshaber Reding und Paravicini unterlagen den französischen Truppen von General Balthasar Alexis Henri Antoine von Schauenburg.

Das Kräfteverhältnis war relativ klar: 12'000 französischen Soldaten standen 4'000 Eidgenossen gegenüber. Nach verlorener Schlacht kapitulierte das mit Schwyz verbündete Glarus.

Schwyz kapituliert:

Nach der Kapitulation von Glarus stand Schwyz weitestgehend alleine da im Kampf gegen die "französische" Revolution. Schwyz sah sich dabei unmittelbar von den von Norden und Westen her vorrückenden französischen Truppen bedroht. Am 2. Mai 1798 kam es zur Schlacht bei Schindellegi, zur Schlacht bei Rothenturm sowie zum Gefecht bei Morgarten. Am 4. Mai 1798 kapitulierte die Landsgemeinde Schwyz schliesslich.

Es gab in vereinzelten Gebieten wie im Wallis, in Graubünden und Nidwalden zwar noch Aufstände, die Franzosen gingen aber jeweils siegreich und unerbittlich aus den Kampfhandlungen hervor.

 

Die Schweiz wird eine Tochterrepublik Frankreichs


Am 19. August 1798 besiegelte die Helvetische Republik ein Verteidigungs- und Offensivbündnis mit Frankreich. Damit war der Kriegszustand zwischen den beiden Staaten offiziell beendet.

Die Alte Eidgenossenschaft war nicht mehr.

Die Folgen:

Das neue Staatswesen zeitigte unmittelbare Folgen sowohl für den Staat wie auch für die Bevölkerung. Da Frankreich eine Besatzungsmacht war, hatte die Helvetische Republik in Form einer Kriegssteuer für den Unterhalt der französischen Truppen zu sorgen (Armée française en Helvétie). Dazu plünderten die Franzosen die besetzten Gebiete gründlich. Auch verlor die Helvetische Republik als französischer Vasallenstaat ihre hochgehaltene Neutralität. Das Steuersystem wurde reformiert, wichtige Einträge der alten eidgenössischen Orte wurden angeeignet und Vermögen der Klöster und Stifte verstaatlicht. Die Franzosen sicherten sich ausserdem das Recht auf freie Benützung der Heeresstrassen durch die Alpenrepublik, sowohl in Friedens- wie auch in Kriegszeiten. Es herrschte eine tiefe Zerrissenheit im Land mit vielen Grabenkämpfen und Unruhen.

 

Der Untergang der Helvetischen Republik


Franz II., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, erkannte die Helvetische Republik nicht an. Woraufhin viele Feinde der Helvetischen Republik, Aufständische, Aristrokaten, Patrizier und einige Föderalisten im Machtbereich Habsburgs sichere Zuflucht suchten. Vom Exil aus organisierten und planten sie den Aufstand gegen die von Frankreich installierte Helvetische Republik. Die Habsburger ihrerseits unterstützten derartige Bestreben anfangs finanziell. Doch waren die umstürzlerischen Pläne nicht wirklich von Erfolg gekrönt, zumindest nicht für die Eidgenossen.

Die Kluft zwischen den helvetischen Kräften und den Gegnern Helvetiens innerhalb des Landes war aber mittlerweile derart gross, dass sie den Handlungsspielraum der helvetischen Zentralregierung zunehmend lähmte und die geplanten Reformmassnahmen gänzlich zum Erliegen brachte. Vielmehr noch gewannen die föderalistischen Kräfte nun die Oberhand in der Regierung der Helvetischen Republik, was Napoleon zunehmends missfiel.

Frankreich stärkt Widerstandsnester:

Die Zentralregierung der Helvetischen Republik verlor stetig an Autorität im Land. Als die Franzosen dann im Juli 1802 urplötzlich und unerwartet ihre Truppen abzogen, besiegelte Napoleon Bonaparte wohl bewusst das Ende der Helvetischen Republik. Die helvetische Regierung wurde auf einen Schlag ihrer Durchsetzungsmacht beraubt.

Widerstandsnester in Zürich, vereinzelt im Kanton Baden und Kanton Aargau, in Bern und in der Innerschweiz nutzten die günstige Gelegenheit zum Aufstand gegen die Zentralregierung, was im sogenannten Stecklikrieg mündete. An diesem Krieg waren zuletzt alle damaligen 19 Kantone beteiligt.

Siegeszug der Föderalisten:

Die Regierung versuchte anfänglich zwar, die Aufstände der Föderalisten im Keime zu ersticken. Nach der Gefechtsniederlage gegen die Niderwaldner Aufständischen, der erfolglosen Belagerung gegen das aufständische Zürich und dem Aufmarsch weiterer Truppen aus dem Aargau, aus Bern und Solothurn gab sich die republikanische Zentralregierung geschlagen und flüchtete dank ausgehandeltem freien Geleit nach Lausanne. Die Kantonsregierungen hatten die Staatsgewalt wieder erlangt.

 

Die Confoederatio Helvetia


Die Föderalisten riefen zusammen mit den Aristokraten zum Sturz Helvetiens auf und planten die Wiederauferstehung der Alten Eidgenossenschaft (Ancien Régime). Schliesslich liess Napoleon Bonaparte als Mediator 25-30 Bataillone ins Land einmarschieren und nahm der förderalistisch-aristokratischen Gegenrevolution den Wind aus den Segeln.

Es kam zur Helvetischen Konsulta in Paris, zusammen mit unitarischen Abgeordneten und Föderalisten in der Minderheit. Doch Napoleon überraschte alle Beteiligten mit einer föderativen Verfassung. Die Helvetische Republik war damit endgültig Geschichte. Kantone und Bund erhielten im Laufe des Jahres 1803 neue Verfassungen. Napoleon ernannte Louis d'Affry, einen Föderalisten, zum Landammann der neuen Schweiz.

Eine neue Epoche begann, die sogenannte Médiation (1803-1813). Der offizielle Staatsnamen des Staatenbundes Schweiz war nun Confoederatio Helvetica (zu deutsch: Schweizerische Eidgenossenschaft).

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Wojtek Bernet   Autor: Wojtek Bernet
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(Last updated: 29.11.2016, 05:46 Uhr)